Missbrauch als Bühnen-Thema: „Trau Dich, Nein zu sagen“

Ein Theaterstück im Haus der Jugend ermutigte 170 Schüler zu Selbstbewusstsein in schwierigen Situationen.

Barmen. Vladimir besucht in letzter Zeit nur noch ungern seine Oma. Der Grund: Sie behandelt ihn immer noch wie ein Kind und gibt ihm verniedlichende Kosenamen. Das Schlimmste aber ist: Immer, wenn er zur Tür hereinkommt, umarmt sie ihn überschwänglich und fängt an, ihn von oben bis unten abzuküssen. Das ist Vladimir peinlich und unangenehm — er ist ja kein Kind mehr! Aber was kann er gegen das Verhalten seiner Oma unternehmen, ohne sie zu verletzten?

Um diese und ähnliche Szenen geht es im Jugendtheaterstück „Trau dich! — Ein starkes Stück über Gefühle, Grenzen und Vertrauen“, das am Mittwoch im Haus der Jugend aufgeführt wurde. Gut 170 Schülerinnen und Schüler von insgesamt zehn Wuppertaler Schulen sahen sich das knapp einstündige Stück an.

„Trau dich!“ richtet sich an Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis zwölf Jahren sowie an deren Eltern und Lehrer. Es erzählt Geschichten von Kindern dieses Alters: Da ist zum Beispiel Paula, die sich nicht traut, ihrer Freundin zu erklären, dass sie noch kein besonderes Interesse an Jungen hat. Oder Alina, die von dem Freund ihrer älteren Schwester sexuell belästigt wird. Das Stück bringt zur Sprache, worüber das Reden immer noch schwer fällt: Kinderrechte, körperliche Selbstbestimmung und sexuellen Kindesmissbrauch. Das Theaterstück soll den Kindern einen möglichen Umgang mit schwierigen Situationen zeigen und sie über ihre Rechte aufklären — damit sie zur richtigen Zeit eben auch einfach mal „Nein!“ sagen.

Die deutsch-schweizerische Theatergruppe „Kompanie Kopfstand“ hat dazu eine mediale Theatercollage inszeniert. Neben einzelnen Filmsequenzen von Kindern, die Situationen und Spielszenen kommentieren, spielt die Musik eine wichtige Rolle. Die Besonderheit: Während der Aufführung wird der Dialog mit dem Publikum gesucht. Die Kinder können über das Geschehen auf der Bühne mitreden, mögliche Problemlösungen angeben und diskutieren.

Gerade das kam bei den Zuschauern gut an: „Das Stück war überhaupt nicht langweilig, weil wir auch unsere Meinung sagen konnten“ — solche Kommentare waren nach dem Ende der Vorstellung mehrfach zu hören. Auch für Vladimir hatten die Schüler mehrere Tipps: Er könnte mit seiner Mutter reden — oder der Oma einen Brief schreiben. Letzteren Rat nahm er gerne an.