Missbrauch: Austrittswelle bei Katholiken

82 Wuppertaler verlassen im März die katholische Kirche. Im Monat zuvor waren es nur 26.

Wuppertal. Die Zahl der Austritte aus der Katholischen Kirche hat sich in Wuppertal im März im Vergleich zum Vormonat mehr als verdreifacht. Laut Amtsgericht kehrten 82 Personen der Kirche den Rücken, im Februar waren es 26. Auch der Vergleich mit dem April des Vorjahres verdeutlicht den Anstieg. Damals gab es lediglich 31 Austritte.

Gründe für den Austritt müssen beim Amtsgericht nicht angegeben werden. Während der einige Minuten in Anspruch nehmenden Bearbeitung des Antrags sprachen viele Betroffene im Gespräch jedoch die Missbrauchsfälle an. Auch die Art, wie die Katholische Kirche mit den Vorfällen umgehe, geben die Menschen als Motiv für ihren Austritt an.

Pastoralreferent Dr. Werner Kleine geht davon aus, dass die Missbrauchsvorfälle für Gläubige, die sich ohnehin "am Rand der Kirche" befunden und bereits zuvor über einen Austritt nachgedacht hätten, das Zünglein an der Waage gewesen seien. Viele Katholiken würden jedoch genau unterscheiden und erkennen, dass nicht die Kirche, sondern einzelne Personen für diese Verbrechen verantwortlich seien, so Kleine im Gespräch mit der WZ. Er räumt zudem offenmütig ein, dass der Umgang mit den Missbrauchs- und Misshandlungsfällen auch innerhalb der katholischen Kirche kritisch hinterfragt wird.

Wuppertals Stadtdechant Bruno Kurth hatte bereits Ende März konstatiert, dass die aktuellen Missbrauchsfälle dem Ansehen der katholischen Kirche auch in Wuppertal im allgemeinen Sinn "auf jeden Fall" geschadet hätten.

Einige Kirchenmitglieder sind laut Kurth jetzt jedoch sogar eher bereit, die Kirche zu verteidigen.

Er sprach sich- wie es der Papst in seinem Hirtenbrief deutlich gesagt habe - ebenfalls dafür aus, die Auswahl von Priesteramtskandidaten künftig mit mehr Sorgfalt zu treffen. Kurth schloss die Möglichkeit nicht aus, dass gerade das Priesteramt für junge Männer, die Probleme mit Ihrer Sexualität hätten, attraktiv sei.

Eine allgemeine Beobachtung des Amtsgerichts: In den Monaten rund um das Jahresende ist die Zahl der Kirchenaustritte bei allen Glaubengemeinschaften stets höher als im Durchschnitt. Der Blick auf die Jahresabrechnung der Kirchensteuer und die falsche Hoffnung, diese für das gesamte letzte Kalenderjahr zurück erstattet zu bekommen, könnten laut Amtsgericht die Gründe sein. Die ungewöhnlich hohe Zahl der Austritte im März dieses Jahres erkläre dies allerdings nicht mehr.