Nachbarschaftsheim feiert Jubiläum mit Lesung und Musik
Seit 70 Jahren gibt es die Einrichtung am Platz der Republik. Die Gemeinschaft ist in der Zeit immer weiter gewachsen.
Ostersbaum. 70 Jahre alt und eine treibende Kraft im Quartier — das Nachbarschaftsheim am Platz der Republik ist breit aufgestellt. Mit Angeboten von Krabbelgruppe bis Seniorenforum bindet es alle Generationen ein. Das Jubiläum feierte der Verein Nachbarschaftsheim mit vielen Rednern, Lesungen und Musik des Pianisten Aeham Ahmad.
Schauspieler Olaf Reitz nahm die Gäste mit auf eine Zeitreise ins Gründungsjahr 1948. „Gemeinsam ging fast alles, getrennt fast nichts“, zitierte er aus den Erinnerungen von Bühnenbildnerin Hanna Jordan. Mit Unterstützung der Quäker rief sie das Nachbarschaftsheim ins Leben und war bis zum Jahr 2000 im Vorstand aktiv. Der Verein sollte die Not der Nachkriegszeit lindern. Am Anfang stand der Wunsch, den Kindern, die mit ihren Familien im Hochbunker auf dem Platz der Republik hausten, ein paar sorglose Stunden zu bereiten.
Großes Gelächter ging durch den Saal, als Reitz erzählte, wie Jordan eine Baracke für die Kinderbetreuung organisierte. Ihr Retter war ein Hüne von der Heilsarmee, der beim damaligen Wuppertaler Sozialamt auf den Tisch haute. Diese Geschichte — das gab Sozialdezernent Stefan Kühn zu — mache tiefen Eindruck auf ihn.
Anne Schütz-Wiebe vom Vereinsvorstand zeichnete die Entwicklung des „Naba“ nach. Aus der improvisierten Hilfe der Anfangsjahre entstanden eine „Offene Tür“ und eine Erziehungsberatungsstelle, die als erste ihrer Art in NRW gilt. Kontinuierlich wurde die Unterstützung für Kindergartenkinder und Senioren ausgebaut. Als Ableger des Nachbarschaftsheims gründete sich 1991 die Alte Feuerwache. Im „Naba’s Café“ auf dem Gelände der Huppertsbergfabrik arbeiten behinderte und nicht behinderte Menschen zusammen. Zur Flüchtlingshilfe des Vereins gehören unter anderem berufsvorbereitende Maßnahmen. Schütz-Wiebes Dank galt den 60 hauptamtlichen und 200 ehrenamtlichen Mitarbeitern: „Ohne diese vielen Menschen wäre das Naba nicht so, wie wir heute sind.“
„Hier herrscht das reale Leben“, sagte Vorstandsvorsitzende Gabriele Kamp. Damit schaffe man den Gegenpol zu einer Gesellschaft, die — Stichwort Digitalisierung — immer individualistischer agiere. Lob gab’s von Iris Colsman, die für den Paritätischen Wohlfahrtsverband sprach. Das Engagement habe einen lebendigen Dialog eröffnet. „Diese Gespräche machen die Besonderheit des Naba aus.“ Barbara Rehbehn vom Verband für sozial-kulturelle Arbeit begrüßte es, dass der Verein seiner Gründungsidee — einen Beitrag zur Demokratisierung leisten — treu geblieben sei. Oberbürgermeister Andreas Mucke nahm den Stadtteil in den Blick: „Der Ostersbaum ist ein Modell dafür, wie Menschen friedlich und tolerant miteinander umgehen können.“
Mit Aeham Ahmad hatten die Veranstalter einen Glücksgriff getan. Bekannt wurde der Pianist durch seine öffentlichen Konzerte in den Trümmern des syrischen Bürgerkriegs. Beim Auftritt im Nachbarschaftsheim überwand er spielend die Grenzen zwischen alter Heimat und neuer Heimat Deutschland. Von eigenen Liedern wechselte er virtuos zu Mozart und Beethoven. Leidenschaftlich stimmte er „Freude, schöner Götterfunken“ an - und einige Takte später sang das Publikum mit.