Sound of the City Nächtliche Streifzüge durch die Stadt

Beim Festival „Sound of the City“ geht es diesmal um das Nachtleben der Stadt.

Sabine Mader, Alexandra Holtsch und Berthold Schneider erkunden Wuppertals Nachtleben.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Mystik, Traum, Alptraum, Exzess. Der Topos „Nacht“ birgt verschiedenste Assoziationen. Gemäß der Vielschichtigkeit des Mottos „wuppertal@night“ bietet die diesjährige Ausgabe des Festivals „Sound of the City“ ein ebenso vielfältiges Programm: Begegnungen von klassischer und elektronischer Musik werden ergänzt durch Performances aller Art – von der Lesung bis hin zur Drag-Show.

Die Berliner Musikerin, Komponistin und Regisseurin Alexandra Holtsch hat für die dritte Runde der Opern-Initiative eine Veranstaltungsreihe konzipiert, deren sechs Etappen sich durch das Wuppertaler Nachtleben bewegen und nahtlos in das reguläre Clubprogramm übergehen. Beteiligt sind neben vielen anderen Maria Basel, Sebastian Campione, Gorilla Moon und Mechthild Großmann.

„Die Nacht ist in Wuppertal
etwas anderes“

Die für das Opernpublikum ungewöhnlichen Spielorte hat Holtsch zum Preis einiger langer Nächte ausfindig gemacht, indem sie selbst ins Wuppertaler Nachtleben eingetaucht ist. Ihr erster Eindruck war dabei eine spezielle Stimmung: „Die Nacht ist in Wuppertal etwas anderes.“ Die Industrialisierung halle an zahlreichen Orten der Stadt bis heute nach.

Gleichzeitig habe die Nacht immer etwas Mystisches an sich. Diese beiden Aspekte spiegeln sich in zwei klassischen Werken, die im Lauf des Programms immer wieder auf zeitgenössische Klänge treffen und dadurch von verschiedenen Seiten beleuchtet werden: Igor Strawinskys „Les Noces“ und „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“ von Modest Mussorgsky. Die zeitgenössischen Künstler habe sie mit Hilfe der Veranstalter getreu dem Motto „think the opposite“ ausgewählt, erklärt Holtsch.

„Um.Nachtung“ lautet der Titel der Auftaktveranstaltung im U-Club, bei der Mussorgskys Werk, gespielt von Holz- und Blechbläsern, mit elektronischen Klängen verwoben wird. Wenn am darauffolgenden Samstagabend die Sonne untergeht, wird der Wandel vom Tag zur Nacht mit Hilfe des Opernchors und Schlagzeug in der Natur in Szene gesetzt – genauer gesagt, im Skulpturenpark Waldfrieden unter dem Motto „Nacht. Werden“ (18. Mai).

In der Mauke treffen bei „Nacht und Nebel“ (23. Mai) Operngesang und Beatbox auf Harfenklänge und elektronische Soundscapes. Die „Nacht der langen Messer“ im Loch (24. Mai) dient nicht nur einer improvisierten Dekonstruktion von Mussorgskys Komposition, sondern auch der Wahl des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin der Nacht, der nach der Präsentation ihrer politischen Programme aus vier Kandidaten ermittelt wird. Während der „Nacht.Schicht“ (25. Mai) wird die Ölberger Kultkneipe Marlene zum Schauplatz einer Begegnung von Literatur und Musik.

Eine besondere Herausforderung sind diese Veranstaltungsorte für Sabine Mader, die Holtsch als Ausstatterin zur Seite steht: Sie habe versucht, wenig in die bestehenden Räume einzugreifen, sondern eher Wege zu erdenken, auf denen die Besucher „durch das Geschehen geschleust“ werden können.

Teile der fünf Performances fließen beim Finale unter dem Motto Nacht. Leben (29. Mai) in den Foyers des Opernhauses zusammen, während das Sinfonieorchester auf der Bühne die beiden Werke, die den roten Faden durch das Programm bilden, in voller Besetzung zu Gehör bringt und Mechthild Großmann aus „Madame Thérèse“ liest.

Opernintendant und Dramaturg des Festivals Berthold Schneider betont, die Veranstaltungen sollen nicht nur „eine elektronische Paraphrase von dem, was auf der Opernbühne passiert“ bieten. Es wird verfremdet und collagiert – bis an die Grenzen des Musiktheaters heran. „Wie viel das dann noch mit Oper zu tun hat, kann jeder für sich entscheiden“, so Schneider. Fest steht bereits: Das zunächst auf drei Spielzeiten angelegte Festival wird auch im nächsten Jahr wieder stattfinden.