Berliner Platz Oberbarmens versteckte Glanzstücke

Oberbarmen · Frank Khan zeigte bei einer VHS-Führung Bauwerke um den Berliner Platz.

Frank Khan, links mit Kappe, führte die Teilnehmer durch Oberbarmen und die Schwarzbach.

Foto: Bartsch,G. (b13)

Wenn man zu einem Rundgang durch einen Stadtteil startet, kann es nicht schaden, sich zunächst einen Überblick über denselben zu verschaffen. Das denkt sich auch Stadtführer Frank Khan, als er am vergangenen Sonntag etwa ein Dutzend Teilnehmer zu seinem Stadtrundgang durch den Wuppertaler Osten begrüßt. Nach ein paar einführenden Worten zu der Historie des Bahnhofs Oberbarmen und des Schwebebahn-Bahnhofs am Berliner Platz geht er mit seiner Gruppe auf die Rittershausener Brücke, die vom Bahnhofareal zur Waldeckstraße führt und aufgrund ihrer ungewöhnlichen Architektur im Volksmund „Spindelbrücke“ genannt wird.

„Hier braust das Leben“, sagt Khan mit Blick auf die unter der Brücke durchfahrenden Züge sowie den regen Reiseverkehr rund um Bahnhof, Busbahnhof und östlicher Endhaltestelle der Schwebebahn. Doch wo jetzt das Ende ist, sollte einmal nur eine Zwischenetappe sein: Im Jahr 1969 – sechs Jahre nach Eröffnung der Brücke – habe es die Idee gegeben, die Schwebebahnstrecke nach Nächstebreck und Heckinghausen zu verlängern, erzählt Khan. Woraus dann ja nichts wurde.

Wo das Leben tobt, sind die Zustände auch mal herber

Von der Brücke aus haben die Teilnehmer auf jeden Fall einen guten Blick nach Ost und West entlang der Gleise oder die Talhänge hoch. Khan lässt sie gleich einmal anhand der Turmspitzen die dazugehörenden Kirchen benennen. Bei der Immanuelskirche ist die Zuordnung noch vergleichsweise leicht, bei weiter entfernten Gotteshäusern fällt es den Mitwanderern schon deutlich schwerer.

Doch wo das Leben tobt, sind die Verhältnisse auch nicht immer schön und adrett, sondern eben auch etwas herber und bodenständiger. Das merkt die Gruppe spätestens, als sie vom Berliner Platz kommend in die Schwarzbach geht. In der Einladung zu der Stadtführung wird denn auch darauf hingewiesen, dass die Stadtteile Oberbarmen und Wichlinghausen vielen Wuppertalern als unattraktiv gelten. Dass diese Einschätzung nicht durchweg angebracht ist, zeigen allerdings einige Fassaden an der Schwarzbach, die frisch renoviert und mit erneuertem Anstrich wie aus dem Ei gepellt aussehen. Allerdings gibt es offenbar auch bei den Anwohnern Skepsis, ob das mehr als Kosmetik ist: „Das ist hier die Schwarzbach, das sieht nur von außen gut aus“, sagt ein junger Mann, als er an der Gruppe vorbeikommt und ein paar Sätze von Khan aufschnappt.

Ein Ort, wo auf jeden Fall noch Erneuerungsbedarf besteht, ist das Gelände der alten Seifenfabrik Luhns, das zu einem Großteil vor sich hinrottet und nur noch eine fahle Erinnerung an glorreiche Zeiten ist. „Das hier war einmal die größte Seifenfabrik im Deutschen Reich“, erzählt Khan, als er die Teilnehmer vor die ehemalige Einfahrt zu dem Gelände führt. 260 Mitarbeiter habe das Unternehmen vor dem Ersten Weltkrieg gehabt. Der Standort an der Schwarzbach sei bewusst gewählt worden, weil die Firmenleitung das Unternehmen zwischen die Bergisch-Märkische sowie die Rheinische Bahnstrecke habe positionieren wollen. Von der Rheinischen Bahnstrecke, die zwischen Düsseldorf und Dortmund verlief, wurde denn auch ein Gleis vom Wichlinghauser Bahnhof zu dem Fabrikgelände der Firma Luhns verlegt.

Die Rheinische Strecke war von großem Wert für die Nato

Zu eben diesem Bahnhof zieht es die Gruppe dann in der nächsten Station. Durch die Langobardenstraße und vorbei an der Skatehalle „Wicked Woods“ erklimmen die Teilnehmer die Steigung zu der Nordbahntrasse und kommen am ehemaligen Wichlinghauser Bahnhof an. Die hier einmal verlaufene Rheinische Bahnstrecke sei in der öffentlichen Bewertung „immer unterschätzt“ worden, sagt Khan. Dabei habe die 1991 für den Personen- und im Jahr 2000 für den Güterverkehr stillgelegte Strecke etwa in den Planungen der Nato eine wichtige Rolle gespielt. So habe das Militärbündnis in Zeiten des Kalten Krieges die Bahnstrecke im Norden des Stadtgebiets als „Ausweichstrecke“ für den Ernstfall vorgesehen. Zudem wurden die zahlreichen Tunnel als mögliche Verstecke vor feindlichen Angriffen eingeplant.

Die Teilnehmer der Exkursion verfolgen die Ausführungen Khans mit Interesse, können an einigen Stellen auch mit ihrem Wissen um Lokalgeschichte und Geografie glänzen. Zudem stellt der Stadtführer ihnen immer wieder kleinere Aufgaben, um auch die grauen Zellen etwas in Bewegung zu halten.

Etwas überfragt ist dabei allerdings nach eigenen Angaben Engelbert Dresen, ist er doch gemeinsam mit seiner Frau Sonja aus Solingen in den Osten Wuppertals zu der Führung gekommen. „Ich find’s sehr interessant“, sagt er zu dem Tourprogramm. Seine Gattin interessiert sich vor allem für den Zustand der Firma Luhns, hat die studierte Chemikerin doch nach ihrem Uni-Abschluss einige Jahre für das Unternehmen gearbeitet.