Wuppertal Oberbürgermeister Mucke: „Die Stadt braucht eine Vision“

Rück- und Ausblick nach einem Jahr im Amt: OB hat noch viele Pläne.

Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. „Ruckzuck“ sei das erste Jahr vorbeigegangen, stellt der Oberbürgermeister nach einem Jahr und drei Tagen im Amt fest. Er habe eine Menge gelernt — wie umständlich Verwaltung manchmal agiert, aber auch, wie engagiert ihre Mitarbeiter sind.

In manchem habe er sich belehren lassen, in anderem habe er neue Gepflogenheiten eingeführt. So rufe er lieber mal direkt einen Sachbearbeiter an, statt eine schriftliche Anfrage über sämtliche Vorgesetzte zu verschicken. „Das beschleunigt ungemein“.

Von der Liste des bisher Erreichten nennt Mucke die Erhöhung der Etats für die Bühnen (80 000 Euro), die freie Kulturszene (20 000 Euro) und die Prävention (160 000 Euro), die er kurz nach Amtsantritt noch erwirken konnte.

Und dass der Verwaltungsvorstand der Stadt - der OB und die Dezernenten — sich wieder wöchentlich treffen: „Die Entscheidungen müssen im Vorstand getroffen werden, nicht in den Abteilungen“, betont er. In dem Gremium werde nicht nur abgenickt, sondern diskutiert. „Im Zweifel kann ich auch eine einheitliche Verwaltungsmeinung herstellen.“

Viel länger ist die Liste der künftigen Themen. Die beginnt mit der Prävention: Zahlreiche Projekte in der Stadt seien vorbildlich, „davon brauchen wir mehr.“ Genaueres dazu gebe es bei den Haushaltsberatungen. Mehr Geld sollen auch die Bühnen erhalten: „Es geht nicht, dass sie die Personalkostensteigerungen selbst ausgleichen müssen.“

Andreas Mucke zu seinem Kontakt mit den Bürgern

Schon auf den Weg gebracht habe er ein Stadtentwicklungskonzept. „Jedes Unternehmen hat ein Leitbild, auch eine Stadt braucht eine Vision.“ Es gebe viele Konzepte für einzelne Quartiere, den Einzelhandel, Gewerbeflächen, „aber es fehlt die Klammer“. Dazu soll die Verwaltung eine Vorschlag erarbeiten, im Dezember oder Februar dem Rat vorlegen. Das Gesamtkonzept soll „unter großer Bürgerbeteiligung entwickelt werden“ — ein Prozess, den er auf etwa zwei Jahre schätzt.

Seine Vision von Wuppertal? Weniger Kinderarmut, eine Arbeitslosigkeit unter dem Bundesdurchschnitt und eine hohe Attraktivität als Wohnstadt. Und dass es junge Menschen in die Stadt zieht.

Wichtig ist ihm der Dialog mit Bürgern. Damit meint er einerseits die formale Bürgerbeteiligung, für die gerade Leitlinien entwickelt werden. Was dort entstehe, müsse man sehen, aber: „Wenn der Rat den Mund spitzt, muss er auch pfeifen.“ Den Skeptikern sage er: „Bürger sind Ratgeber, die haben viele gute Ideen.“ Er sucht deshalb auch das direkte Gespräch: „Ich will wissen, wo der Schuh drückt.“ Dafür will er in den Quartieren zu Diskussionen einladen.

Dass die Wuppertaler die Zustände im Meldeamt aufregen, weiß er, hat das Thema zur Chefsache gemacht. Und durchgesetzt, dass die seit Jahren offenen Stellen nun extern ausgeschrieben wurden: „Das hätte viel früher geschehen müssen.“ Die Besetzungsverfahren laufen, es folgt die Einarbeitung. „Vorm Sommer merkt man noch nichts“, bremst er Erwartungen. Zur weiteren Verbesserung gebe es die Idee, für die Hochzeit vor den Sommerferien Personal aus anderen Abteilungen einzusetzen, die bis dahin geschult werden. Wie es mit den Bürgerbüros weitergehen soll, ist noch offen. Aber: „Ich finde es zielführend, wenn man alles im Bürgerbüro erledigen kann.“ Ein Konzept fürs Meldeamt soll im November im Rat besprochen werden.

Die demografische Entwicklung steht noch auf seiner Agenda - im Hinblick auf die Verwaltung, bei der bis 2020 jeder zweite in Rente geht. Und im Hinblick auf die Bevölkerung: Für die 300 Kinder, die 2015 mehr als in den Vorjahren geboren wurden, werden Kitaplätze und Schulen gebraucht. Daher habe er auch ein Konzept für „Wuppertal als wachsende Stadt“ beauftragt: „Da haben wir echt was zu tun.“