Schauspiel 20/21 Open-Air-Schnappschüsse, gerettete Stücke und der Corona-Vorbehalt

Das Schauspiel stellt neues Spielzeitprogramm vor: Produktionen werden Corona angepasst, drei Aufführungen nachgeholt.

Schauspiel-Intendant Thomas Braus mit dem Titelbild der neuen Spielzeit, das wieder eine eigene Gestaltungssprache hat.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Diese Spielzeit war schon eine  besondere, erfordert eine zweiteilige Bilanz: „Einerseits waren wir vor Corona sehr erfolgreich, erlebten wieder einen Zuwachs an Zuschauern, andererseits wurde in der zweiten Hälfte viel abgebrochen“, resümiert Thomas Braus. Mittlerweile hat sich der Schauspiel-Intendant mit dem abrupten Ende  arrangiert, sagt, dass es im Gegenteil neue künstlerische Chancen  eröffne. Und er freut sich, dass er nun die nächste Spielzeit angehen kann, dabei die Ende 2019 begonnenen  Planungen umsetzt, alle acht Produktionen hält. Zudem die drei ausgebremsten Stücke aus 2019/20 hinüberrettet. Auch wenn alles immer noch unter Vorbehalt steht und  coronabedingte Anpassungen durchläuft. „Ein bewegender Prozess“ sei das, der auch nach den Ferien nicht zu Ende sei, meint Braus. Aber: „Wir setzen ein starkes Zeichen.“

Coronatauglichkeit ist das Gebot der Stunde. Die Schauspieler haben Einzelgarderoben, die strengen Reinigungsplänen unterliegen, die Proben müssen umorganisiert, die Zahl der Zuschauer für Oper wie Theater am Engelsgarten  des Abstands wegen reduziert werden.  Über Doppelvorstellungen und die Übernahme einzelner Stücke  in die nächste Spielzeit wird nachgedacht, jedes einzelne Stück den Schutzmaßnahmen angepasst. Braus: „Wir bieten  den größten Spielplan vor vielleicht weniger Zuschauern.“  Ein Spielplan, der bewusst Klassiker mit aktuellen Stücken kombiniert, junge Regisseure nach Wuppertal holt und bewährte hält und der die Kooperationen der Bühnen-Sparten fortsetzt.

Größter Spielplan vor
vielleicht weniger Zuschauern

Den Auftakt macht am 12. September Heinrich von Kleists Klassiker „Marquise von O“ um eine Frau, die unschuldig in Not gerät. Die Inszenierung von Kristin Trosits verspreche eine eigene Ästhetik mit starken tänzerischen Elementen, erklärt Braus. Neuzugang Madeline Martzelos gibt ihr Debüt auf der Bühne.

Am 19. September folgt dann eine Premiere, die für den 28. März vorgesehen, fast fertig und dann fast schon verloren gegeben war. Dank Zoom-Videotechnik wird derzeit mit  Regisseur Nicolas Charaux wieder geprobt, Ende Juni, so hofft man, wird der Franzose auch  nach Wuppertal kommen dürfen.

Seinen Beitrag zum Engelsjahr leistet das Schauspiel ab 2. Oktober mit Hauptmanns „Die Weber“. Martin Kindervater muss die mit großem Chor und mehreren Schauplätzen geplante Inszenierung auf zehn Leute runterbrechen. Spezialist Jan Krämer erarbeitet ein Videokonzept. „Engels und Corona werden Thema sein“, verspricht Braus.

Das Familienstück setzt die erfolgreiche Zusammenarbeit von „Der kleine Lord“ fort, Henner Kallmeyer inszeniert sein eigenes Stück „Robin Hood“, die Musik steuert William Shaw, Korrepetitor der Wuppertaler Bühnen, bei. Mit von der Partie um eine diesmal weibliche Rächerin der Enterbten ist auch das inklusive Schauspielstudio. Ob allerdings Schulklassen zu den Vorstellungen kommen können, die am 15. November beginnen, ist unklar.

Die Spielzeit 20/21 hat Frauenpower. Drei Stücke von Autorinnen werden von drei Regisseurinnen inszeniert. Da ist Nora Abdel-Maksouds „Café populaire“ um eine Hospizclownin, die erst durch ihr böses Alter Ego Erfolg hat – Regie hat  Maja Delinić, Premiere ist am 9. Januar. Am 10. April ist Auftakt für  die poetische Ämterbetrachtung „Der Fiskus“ von Felicia Zeller, die erst in diesem Jahr uraufgeführt wurde und von Schirin Khodadadian inszeniert wird.

Dritte im Bunde ist Ingrid Lausund mit „Benefiz - jeder rettet einen Afrikaner“,  das Anna-Elisabeth Frick auf die Bühne bringt. Die Produktion wird wie die von Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ und Shakespeares „Romeo und Julia“ aus der alten in die neue Spielzeit gerettet. Ihre Premieren finden noch im Juni aber ohne Publikum statt.  Wiederaufnahmetermine mit Zuschauern sind: 19. September (Benefiz) und 10. Oktober (Handlungsreisender).

Bei Tschechow bestehe die Gefahr der sentimentalen Schwere,  weiß Braus und setzt bei „Drei Schwestern“ auf Regisseur Henri Hüster, der schon mit „Bilder von uns“ ausgezeichnete Arbeit leistete. Nun holt er sich die Choreographin  Vasna Aguilar ins Boot. Premiere ist am 27. Februar. Einen anderen Blick auf ein bekanntes Stück bietet auch die Premiere am 22. Mai, die erneut Anna-Elisabeth Frick gestaltet. Frick, die gerne   Sprechtheater, Performance, Tanz und Musik, kombiniert, stellt in Büchners „Dantons Tod“  die  Manipulation von Rhetorik, der Macht von Sprache in den Mittelpunkt.

Die letzte Premiere, am 19. Juni,  feiert ein Kriminalstück. Dennis Kellys „Waisen“ um einen spannenden Dreierkonflikt inszeniert Bastian Kabuth, der auch schon die „Glasmenagerie“ verantwortete.

Zum Premieren-Abschluss
gibt es einen Krimi

Den Schlusspunkt aber setzt „Schnappschuss“, das beliebte  Spontanformat holt zunächst alle coronabedingt ausgefallenen drei Termine zu Engels  nach und beendet die Spielzeit mit einem Festival: „Eine Woche lang bieten wir im Innenhof des Theaters am Engelsgarten open air jeden Tag eine Schnappschuss-Performance.“