Orchester-Fusion: Die Emotionen kochen hoch
Kann der Austausch von Aushilfen eine Alternative zur Fusion sein? Was brächte eine Spartentrennung? Und was ist ein Pool an Instrumentalisten?
Wuppertal. Der Paukenschlag, mit dem Details des lange erwarteten Kulturgutachtens zu Kooperationsmöglichkeiten im Bergischen Land vorgestellt wurden, hat für laute Misstöne gesorgt: Die Diskussion über eine Orchester-Fusion ist spätestens seit Mittwoch vollends entbrannt — und wird keinesfalls auf Sparflamme geführt.
Wie die WZ berichtete, kommen die Gutachter aus München zu dem Schluss, dass allein eine Zusammenlegung der Bergischen Symphoniker mit dem Wuppertaler Sinfonieorchester auf lange Sicht drastische Einsparungen in Aussicht stellt. Die Emotionen kochen hoch — nicht nur im Orchestergraben. „Sie können — auf Fußball bezogen — ja mal versuchen, den WSV mit Bayern München zusammenzulegen“, schreibt etwa Norbert Bernhardt im WZ-Online-Forum. „Klingelt’s? Richtig, das kann gar nicht hinhauen, der WSV spielt um Klassen hinterher.“
Mitten in der hitzig geführten Debatte über eine große Fusion stellt sich die Frage, ob es nicht auch eine Nummer kleiner ginge — zum Beispiel mit einem verstärkten Austausch von Aushilfen oder einem Instrumentalisten-Pool. Martin Dehli, Projektleiter der Gutachter-Firma Actori, hat beide Varianten durchgespielt — und festgestellt, dass sie „nicht zur Lösung der finanziellen Engpässe beitragen“ könnten.
Beispiel Aushilfen: Für den Fall, dass die Stamm-Besetzung der Orchester unverändert bleibt und zum festen Prinzip erhoben wird, Aushilfen, die bisher extern eingekauft wurden, zwischen den beiden Ensembles auszutauschen, rechnet Dehli mit einer Einsparung von „deutlich unter 50 000 Euro“. Eine Summe, die aus Beratersicht — mit Blick auf die Haushaltslage der bergischen Großstädte — kaum geeignet ist, um im großen Stil zu sparen.
Auch ein Instrumentalisten-Pool ist für Dehli keine viel versprechende Alternative. In diesem Fall würde die Stamm-Besetzung in bestimmten Instrumentengruppen reduziert. Engpässe, die dadurch entständen, könnten durch den Austausch von Instrumentalisten abgefangen werden. „Durch die schleichende Reduzierung der Stamm-Besetzung würden jedoch beide Orchester geschwächt“, gibt Dehli zu bedenken. Außerdem hätte auch ein Instrumentalisten-Pool nicht genug Einsparpotenziale.
Denkbar ist auch eine ganz andere Möglichkeit: Wuppertal, Remscheid und Solingen könnten sich neu profilieren, indem sie die Sparten untereinander aufteilen. Eine Alternative könnte laut Dehli sein, dass Wuppertal künftig nur noch Musiktheater anbietet, sich Remscheid auf die Tanzsparte konzentriert und Solingen ganz aufs Sprechtheater setzt. Aus Wuppertaler Sicht ist dies zum jetzigen Zeitpunkt allerdings eine Rechnung mit vielen Unbekannten, denn so lange die Politik noch nicht endgültig Stellung dazu bezogen hat, wie es vor der eigenen Haustür — sprich an den Wuppertaler Bühnen und im Kleinen Schauspielhaus — weitergehen soll, dürfte es schwer sein, mit den Nachbarn im Städtedreieck konkret zu verhandeln.
Deutet man das Gutachten zu bergischen Kooperationsmöglichkeiten aus rein finanzieller Sicht, ist davon ohnehin abzuraten. Denn Dehli hat auch die „Profilierung nach Sparten“ durchgerechnet. Demnach entstünden bei dieser Variante für jede Stadt Mehrkosten von mehr als zwei Millionen Euro. Ein wichtiger Knackpunkt ist das kulturelle Ungleichgewicht zwischen den Kommunen: Remscheid und Solingen sind in erster Linie Gastspiel-Häuser, während Wuppertal über Musik-, Schauspiel- und Tanz-Sparten inklusive der nötigen Werkstätten verfügt.
Was aber wäre, wenn Wuppertal künftig das gesamte Schauspiel- und Musiktheater-Programm in Remscheid und Solingen abdeckt? Dann müsste das Schauspiel-Ensemble vergrößert werden, sagt Dehli, der zu einem klaren Fazit gelangt: Abgesehen von der möglichen Orchester-Fusion verspricht keine der durchgespielten Optionen „nennenswerte Einsparungen“.