Wuppertal Peter Hammer Verlag: Mit Leidenschaft und scharfem Profil
Der Peter Hammer Verlag wird 50 Jahre alt. Die Leiterin Monika Bilstein erklärt, warum es ihm besser geht als anderen in der Branche.
Wuppertal. „Dem Peter Hammer Verlag geht es gut“, sagt Monika Bilstein strahlend. Seit 2001 führt sie die Firma mit Sitz in Barmen, davor war sie mehr als zehn Jahre Stellvertreterin des langjährigen Leiters Hermann Schulz. In diesem Jahr feiert der Verlag, der nicht nur für starke Inhalte, sondern auch für ästhetisch und einfallsreich gestaltete Bücher bekannt ist, sein 50-jähriges Bestehen.
Frau Bilstein, andere Verleger klagen über die schweren Zeiten, Sie nicht. Woran liegt das?
Monika Bilstein: Ein wichtiger Faktor ist, dass wir ein klares Profil haben, dem wir auch treu bleiben. Das schätzt man bei den Buchhändlern: Sie wissen, welche Themen man bei uns suchen kann. Außerdem bilde ich mir ein, ein gewisses Geschick dafür zu haben, gute Inhalte mit ökonomischem Denken zu verknüpfen.
Der Verlag steht also richtig gut da?
Bilstein: Es gab die schwierigen Zeiten in den 80er Jahren, als der Verlag Vergleich anmelden musste, die Insolvenz aber glücklicherweise noch abwenden konnte. Mittlerweile schreiben wir seit Jahren schwarze Zahlen.
Was haben Sie geändert?
Bilstein: Ich habe den Bereich Kinder- und Jugendbuch ausgeweitet. Er ist jetzt die tragfähige Säule des Geschäfts, denn von afrikanischer Literatur allein könnten wir nicht leben.
Kinderbücher gibt es viele. Warum sind Ihre anders?
Bilstein: Sie sind thematisch offen, frech, fröhlich und ohne pädagogischen Ansatz, ohne verharmlosende Blümchen und Schleifchen. Stattdessen lieber mit einer blonden Ratte wie in dem neuen Buch von Nadia Budde „Vor meiner Tür auf einer Matte“ — obwohl ich da auch erst geschluckt habe.
Wie schärfen Sie das Profil noch?
Bilstein: Den Gründern war wichtig, den Blick auf andere Kulturen zu lenken. Und bis heute steht der Peter Hammer Verlag für Literatur aus Lateinamerika und Afrika. Wir pflegen unsere lateinamerikanischen Klassiker wie Ernesto Cardenal, Eduardo Galeano und Gioconda Belli. In der afrikanischen Literatur bemühen wir uns, neue Themen zu finden und auch Schriftstellerinnen nach vorn zu stellen. Das wird von unsern Sachbüchern flankiert.
Nach welchen Kriterien wählen Sie ein Buch aus?
Bilstein: Nach der literarischen Qualität und nach Themen, die die deutsche Leser interessieren könnten. Wahrscheinlich haben sie eher Zugang zu Romanen über Menschen in der Stadt als über das Landleben.
Lesen Sie alle Manuskripte selbst?
Bilstein: Selbstverständlich. Wir bekommen etwa 30 unverlangte Manuskripte pro Woche. Nach dem ersten Reinschauen bleiben meist drei, die jemand genauer lesen sollte — je nach Thema entweder eine Lektorin oder ich. Doch vor der endgültigen Entscheidung lese ich jedes Manuskript, bei mir zuhause stapelt es sich immer. Erscheinen kann am Ende nur ein Bruchteil — maximal 25 Bücher veröffentlichen wir im Jahr. 2016 werden es wegen des Jubiläums mal mehr.
Wie hat sich das Verlagsgeschäft verändert?
Bilstein: Es ist ein strenges Geschäft geworden. Man muss für jeden kleinen Erfolg heute doppelt so viel arbeiten. Hermann Schulz ist früher viel und lange gereist, um Autoren zu entdecken. Das geht heute gar nicht mehr.
Der klassische Buchhandel hat es schwer, auch in Wuppertal gibt es deutlich weniger Buchläden als früher. Wie merken Sie das?
Bilstein: Die Situation war nach meiner Einschätzung schon mal schlimmer, viele Buchhandlungen haben sich gefangen. Das sind unsere Hauptkunden, dort genießen wir viel Ansehen und Sympathie.
Was ist mit Buchladenketten wie Thalia und Mayersche?
Bilstein: Dort ist es für uns mit neuen Büchern schwer. In die Filialen kommen unsere Vertreter nicht hinein, weil die Mitarbeiter kaum selbst bestellen dürfen. Und die Zentrale kauft rein nach Umsatz und nicht nach Inhalt ein.
Wie hält es Ihr Verlag mit Amazon?
Bilstein: An dem Onlinehändler kommt man nicht vorbei, weil wir auch dort sichtbar sein müssen — so sehr Amazon uns auch zu knebeln versucht.
Wie äußert sich das?
Bilstein: Wenn Sie dort unter unseren Büchern lesen „lieferbar in drei Wochen“, dann haben wir gerade wieder Streit wegen der Konditionen.
Warum tun sich die Verlage eigentlich nicht zusammen?
Bilstein: Das lässt Amazon nicht zu. Die wollen mit jedem einzeln verhandeln.