„Plugged in“ durch die Radionacht

Stefan Walz vom Schauspiel-Ensemble tritt wieder solo auf: Zum Jahresende folgt „Nightradio2“ im Theater am Engelsgarten.

Foto: Anna Schwartz

Die Verwandlung geht blitzschnell: Der groß gewachsene Mann setzt die goldumränderte Sonnenbrille mit den runden Gläsern auf, hängt seine Gitarre um und sprudelt mit rauchig-tiefer Stimme seine deutsch-englische Sprachmélange ins Retro-Mikrofon. Stefan Walz, Mitglied des Wuppertaler Schauspiel-Ensembles, ist Radiomoderator Aristoteles Buenaventura, der seine Hörer durch die Nacht begleitet: „Letztlich war ich als Anhalter unterwegs, ein Auto hielt, auf der Rückbank spielte einer mit seinem Banjo ,Little Maggie’. Nach drei Stunden Fahrt hat mich das Lied nicht mehr losgelassen.“ Raunt er und stimmt den Bluegrass-Song an. „Nightradio2: plugged in!“ heißt das einstündige (Radio-)Programm, das der 54-jährige Walz zum Jahresende auf der Bühne des Theaters am Engelsgarten „in Clubatmosphäre“ bestreitet.

Stefan Walz

Die Vorgeschichte spielt in der fernsehlosen Zeit, als sich die Familien, zuerst in den USA, vor dem Radio versammelten und von diesem live unterhalten wurden. „Noch heute gibt es in den USA einen Sender, der alles live macht“, erzählt Walz, der ein besonderes Verhältnis zum Radio hat: „Als Kind habe ich gerne nachts unter der Bettdecke in die Welt hinaus gelauscht — das war die pure Freiheit. Manchmal ist es schöner, sich etwas vorzustellen als es zu sehen.“ Auch in „Nightradio“ spielt Walz, mit der Unsichtbarkeit: „Ich kann erzählen, was ich will, Dinge behaupten, die nicht wahr sind.“ Und so verkürzt Buenaventura bis heute seinen Hörern immer wieder die „heißeste Nacht des Jahres“: „Es ist 4.58 Uhr am Samstagmorgen, der 14. Juli, wir haben 30 Grad draußen, 58 Grad hier im Studio. Man kann sagen, dass ich außer meinem Leoparden-String-Tanga und meinen Cowboystiefeln nicht viel anhabe.“

Wahr daran ist, dass Walz seine erste „Nachtradio“-SoloShow Anfang 2015 startete, auch damals mit einer Mischung aus Musik und Schauspiel. Ideal für den Wahl-Wuppertaler, der mit zehn Jahren mit dem Gitarrenspiel begann, der mit 16 Jahren Musiker werden wollte, der selbst beim Kochen zur Gitarre greift, und der nur zur Schauspielerei kam, weil er mit 22 Jahren am Konservatorium in Bern „testweise“ vorsprach und genommen wurde. „Schauspiel ohne Musik geht nicht, umgekehrt geht auch nicht“, sagt er tief überzeugt. Und: „Meine Gitarre ist das Surfbrett, meine Stimme ist die Welle.“

25 bis 30 mal hat er „Nightradio“ gespielt, hat sich und das Publikum bei fiktiven tropischen Temperaturen zum Schwitzen gebracht, bis alle fix und fertig und glücklich waren. Auch bei der Fortsetzung halten sich Wort- und Musikanteile die Waage, ist Buenaventura Moderator, Entertainer, Verkäufer und singt — Lieder der Blues Brothers, von Bryan Adams, Muddy Waters oder Adriano Celentano. Er tut dies „plugged in“, dreht in Abgrenzung zum „Unplugged“-Trend seine 100-Watt-Anlage bewusst auf: „Ich stehe unter Strom, das ist das richtige Ding für mich.“

Seit zwei Wochen probt Walz nun schon, immer das ganze Programm an einem Stück durch. Dabei legt er nur die Eckpunkte fest, lässt Freiraum für Improvisation und neue Ideen. Eine ist sicherlich auch sein Tonfall, der an Tom Waits erinnert. „Ich habe Tom Waits gesagt, wie er singen soll, um Erfolg zu haben“, lüftet Aristoteles Buenaventura ein Geheimnis und verspricht, ein weiteres für den 30. Dezember.