Offen gesagt Politische Sinnsuche
Wuppertal. Die Idee mit den Senatoren, die den Rat beraten, ist vor gut zehn Jahren gescheitert. Der Versuch, über die Initiative 3.0 einen Kandidaten für die vergangene Oberbürgermeisterwahl zu finden, endete im Fiasko.
Die Rolle des Vizepräsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Wuppertal, Solingen, Remscheid ist mangels politischen Willens der Kammer auch nur mehr oder weniger schmückend. Vermutlich will Jörg Heynkes es deshalb jetzt noch einmal wissen. Der Macher der Villa Media am Viehhof, der Mensch gewordene Arrenberg, sucht seinen politischen Hafen — als unabhängiger Grüner im Landtag. Das ist ebenso überraschend wie irritierend.
Jörg Heynkes ist umtriebig, vital, umstritten. Seine politische Heimat scheint sich irgendwo zwischen links, grün und liberal zu befinden. Richtig entschieden ist das aber wohl nicht. Heynkes ist ein Meister der Selbstvermarktung. Seine Villa Media funktioniert, weil Heynkes funktioniert, weil er fast überall dabei und wenn dabei, dann mittendrin ist. Netzwerken ist alles. Und alles, was netzwerkt, trifft sich zu marktüblichen Konditionen in der Villa Media. Dagegen ist nichts zu sagen. Dafür gibt es Heynkes’ Unternehmen ja.
Heynkes ist ein Poltergeist. Kaum eine Diskussion, die er nicht nach wenigen Minuten an sich reißt für das Stück „Jörg und wie er die Welt sieht“. Auch als Vizepräsident der IHK ist er sich nicht zu fein, die Qualität des damals noch Oberbürgermeisterkandidaten Andreas Mucke (SPD) an dessen primären Geschlechtsmerkmalen zu bemessen. In der anschließenden „politische Korrektheit“-Krise steckte der Vize seinen IHK-Präsidenten durch milde lächelndes Aussitzen nach und nach in die Tasche. Dort steckt der Chef immer noch, merkt es aber nicht.
Heynkes ist willens- und durchsetzungsstark. Auch Neider erkennen an, dass vieles von dem, was am Arrenberg gut ist, seine Handschrift trägt. Dennoch ist die Liste mit den Namen jener lang, die Jörg Heynkes für die Wahl in den Landtag fest die Daumen drücken. Hauptsache, er verschwindet endlich aus dem politischen Alltag in Wuppertal, wo er den Akteuren, den meisten zumindest, regelmäßig auf die Füße tritt und auf die Nerven geht. Manchmal mit wohltuender Wirkung.
Genau das macht den Plan so rätselhaft. Was will Heynkes im Landtag? Was will er in einem Gremium, das nachweislich nicht sehr viel zu entscheiden hat über das Leben am Arrenberg und in Wuppertal? Bildung und Innere Sicherheit sind die Themen des IHK-Vizepräsidenten jedenfalls nicht. Und über Industrie 4.0, über Digitalisierung und die Mobilität von morgen wird in Berlin beziehungsweise Brüssel entschieden, nicht in Düsseldorf.
Wie dem auch sei: Bisher ist Heynkes mit seinen politischen Ambitionen regelmäßig gescheitert. Das könnte diesmal anders sein. In dem zuletzt direkt gewählten Genossen Andreas Bialas und erst recht in Hans-Jörg Herhausen von der CDU hat er keine unüber- windbaren Hürden vor sich.