Neueröffnung in Wuppertal So kritisch sehen Jugendliche Primark

Wuppertal · Die WZ sprach mit Schülern über die Faszination des Mode-Discounters. Sie polarisiert auch bei jungen Leuten.

Schüler Kevetha, Philipp, Milan (vorne v.l.), Antonia, Alexandra, Lynn und Paula (hinten v.l.) im Gespräch mit WZ-Redakteur Daniel Neukirchen (2.v.r.).

Foto: Fries, Stefan (fri)

Am 16. April gibt es in Wuppertal sicherlich Musik, Luftballons, Menschenmassen und kreischende Teenager. Nein, an diesem Tag besucht kein Popstar die Stadt – der Textildiscounter Primark eröffnet am Döppersberg. Viele Erwachsene können die Anziehungskraft nicht verstehen, die die irische Kette auf manche jungen Leute ausübt. Zumal Primark keine Werbung im traditionellen Sinne schaltet. Trotzdem liegt bei der Eröffnung von Primark-Fillialen immer ein Funken Hysterie in der Luft und Jugendliche harren teils stundenlang vor den verschlossenen Türen aus. Woher kommt diese enorme Faszination? Die WZ wollte dem auf den Grund gehen und traf acht Schüler des Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasiums zum Gespräch über die Mode-Marke.

„Wer von Euch findet Primark gut?“ Auf diese Frage bleiben erst einmal alle Hände unten. Als Fan der Modekette möchten sich die 13- bis 17-Jährigen offenbar nicht verstanden wissen. Aber schnell stellt sich heraus: Fast jeder war schon einmal in einer Primark-Filiale, einige haben die Textilien aus dem irischen Hause bei sich im Kleiderschrank hängen. Antonia (15) beschreibt das Phänomen so: „Das ist wie mit McDonald’s. Angeblich geht keiner hin...“

Die T-Shirts von Antonia hielten keine drei Wochen

Zunächst sparen die Jugendlichen nicht mit Kritik an der Kette, die nach eigenen Angaben in jedem ihrer Läden im Schnitt 30 000 Menschen pro Woche empfängt. Philipp (16) stellt fest: „Die produzieren die Kleidung ja richtig billig. Und die Atmosphäre im Laden ist erschreckend. Da schleppen die Leute körbeweise Klamotten raus.“ Kevetha (17) sagt: „Das ist Wegwerfware. Und durch die billigen Preise wird das gefördert.“ Alexandra (13) hat gehört, dass in Bangladesch eine Fabrik eingestürzt ist und hat das im Kopf direkt mit Primark in Verbindung gebracht.

Antonia hat sich schon mal mit T-Shirts aus dem Modehaus eingedeckt und festgestellt: „Die haben nur drei Wochen gehalten.“ Zwar habe sie dafür auch nur 1,50 Euro pro Stück gezahlt, folgert aber: „Das war es trotzdem nicht wert.“ Auch die Pailletten von Paulas (14) Primark-Oberteil hätten sich schon nach einem Waschgang verabschiedet. Alexandra kann der Wegwerfmentalität ebenfalls nichts abgewinnen: „Das fühlt sich nicht richtig an, so viel zu konsumieren. Kein Mensch braucht das.“

Der Erfolg von Primark deutet darauf hin, dass es viele Menschen gibt, die das anders sehen. Alexandra kann sich vorstellen, warum das so ist: „Die Sachen sind nicht hässlich und sehr günstig. So können junge Leute, die nicht so viel Geld haben, mit den Trends mithalten.“ Ein Blick in das aktuelle Sortiment zeigt die Tiefpreise. Da gibt es etwa Flip-Flops für 1,50 Euro, Turnschuhe für elf Euro, Taschen für vier Euro und Sommerhüte für drei Euro.

„Primark schaut, was gerade ,in’ ist“

Gleichzeitig lässt Primark die Ware in vielen Fällen nicht beliebig aussehen, verleiht Artikeln auch mit angesagten Lizenzierungen Charakter. So gibt es etwa neuerdings T-Shirts mit den Figuren aus der beliebten Netflix-Serie „Rick & Morty“ zu kaufen. Paula fasst zusammen: „Primark schaut, was gerade ,in’ ist und legt Wert darauf, dass es auf den ersten Blick gut aussieht.“ So sei es kein Problem, die günstigen Textilien einfach mit anderen Markensachen zu kombinieren, so dass der Unterschied kaum auffällt.

Trotz allem sorgt die Ansiedlung der Kette in Wuppertal nicht so richtig für Freude bei den Gymnasiasten. Antonia findet die prominente Lage des Gebäudes unglücklich: „Wuppertal hat doch eine reiche Textil-Geschichte. Dazu passt Primark nicht.“ Auch Milan (14) mag den Bau nicht: „Der sieht scheußlich aus. Auch die Farbe ist schlecht gewählt.“ Problematisch findet er auch, dass eine Etage in dieser tollen Lage gar nicht als Verkaufsfläche genutzt wird.

Eins ist klar: Obwohl Primark keine Werbung schaltet, wissen alle acht Jugendlichen viel über die polarisierende Marke. Die Bekanntheit verschafft sich Primark vor allem über die Sozialen Netzwerke. Sowohl über den eigenen Kanal, der die Kunden bewusst zum Mitmachen und Teilen aufruft.

Und ein weiterer Faktor sind die „Youtube-Promis“, die die Produkte auf ihren persönlichen Kanälen vorstellen. Lynn sagt: „Klar, die Youtuber sind für viele Vorbilder.“ Alexandra fügt hinzu: „Vor ein paar Jahren hätte ich mich davon auch noch beeinflussen lassen.“ Da habe das Unternehmen „Glück gehabt“, so die Jugendlichen, dass nun andere für Primark die Werbung übernehmen. Dass es bei Youtube auch zu nicht gekennzeichneter Werbung kommen könnte, glauben die Schüler eher nicht.

Noch eine Frage zum Abschluss: Wer setzt denn auf keinen Fall einen Fuß in den neuen Primark? Nur drei der acht Jugendlichen heben ihre Hand. Mal eben ein weißes T-Shirt oder eine günstige Tasche – Primark wird eine Verlockung darstellen. Alexandra zuckt mit den Schultern: „Man kann manchmal nicht widerstehen.“