Landgericht Prozess in Wuppertal: Mann von Auto mitgeschleift

Update | Wuppertal · Er hat einen Mann an seinem Auto mitgeschleift, ihn dann überrollt und lebensgefährlich verletzt sowie mehrerer Trickdiebstähle begangen. Dafür hat ihn das Landgericht jetzt verurteilt.

Mann steht wegen mehrerer Straftaten vor Gericht.

Foto: dpa/Britta Pedersen

Der Angeklagte (27) räumte alle Taten ein: Er hatte sich mehrfach jeweils mit einem Trick Guthabenkarten in Tankstellen beschafft, ohne sie zu bezahlen. In einem Kiosk in Oberbarmen ging seine Methode jedoch schief, denn der Inhaber (44) bemerkte den Betrug und lief dem Angeklagten hinterher – mit verheerenden Folgen.

Der Kioskbetreiber sah den jungen Mann in sein Auto springen, wollte ihn aufhalten. Er öffnete die Fahrertür, verlangte Rechenschaft. Doch der 27-Jährige fuhr los. „Ich bin nebenher gelaufen“, erzählte der 44-Jährige als Zeuge in der Verhandlung. „Ich dachte, dass er die Konsequenzen erkennt. Aber es hat ihn nicht gejuckt.“ Als der Wagen schneller wurde, hielt sich an der Türstrebe fest, wurde mehrere Meter mitgeschleift, fiel zu Boden und wurde vom linken Hinterrad überrollt. „Er ist über meine linke Seite gefahren“, sagte der Kioskbetreiber. „Die Hose war zerrissen und ich hatte Reifenspuren auf dem T-Shirt.“

„Ich hätte tot sein können.“

Die Folge: ein gebrochenes Schlüsselbein, drei gebrochene Rippen, Lungenquetschung, ein gebrochener Daumen, Prellungen und Schürfwunden. Er konnte mit Hilfe von Passanten noch selbstständig aufstehen, kam aber dann für eine Woche ins Krankenhaus und war zehn Monate arbeitsunfähig. „Ich hätte auch tot sein können“, sagte er.

Der Angeklagte erklärte, er habe nicht gemerkt, dass er den Mann überrollt hat: „Ich habe nur ein Schreien gehört und bin weggefahren.“ Er erklärte das mit Angst: „Ich war unter Paranoia. Ich war froh, ihn losgeworden zu sein.“ Er habe nie jemanden verletzen wollen, nur Geld gebraucht: „Ich hatte eine Spielsucht entwickelt.“ Auch wenn er mal 30 000 Euro gewonnen hat, war das Minus auf seinem Konto auf 80 000 Euro angewachsen. Deshalb hatte er sich meist in Tankstellen die Guthabenkarten besorgt, mit denen er im Internet bezahlen konnte.

Bons heimlich ausgetauscht

Diese Guthabenkarten werden als Bon mit einem Zahlencode ausgegeben. Lag dieser auf dem Tresen, verlangte er noch Zigaretten, so dass sich die Verkäufer zum Regal umdrehten. In der Zeit tauschte er den frischen Bon gegen einen gebrauchten.

Er gab vor, mit EC-Karte zahlen zu wollen, was nicht klappte, weil sein Konto leer war. Er ließ dann den gebrauchten Bon und die Zigaretten liegen und verschwand mit dem neuen Bon. Der Kioskbetreiber hatte bemerkt, dass der Bon im Wert von 100 Euro plötzlich zerknickt und nicht mehr neu aussah. Deshalb war er dem Kunden nachgelaufen.

Suchttherapie mit Hypnose

Der 27-Jährige, der nach eigenen Angaben Wirtschaftsmathematik studiert, erklärte, er sei während des Lockdowns in die Sucht geraten, auch weil er seinen Nebenjob als Vertreter nicht mehr ausüben konnte. Die Sucht habe er aber – dank zweier Hypnose-Sitzungen für jeweils 375 Euro überwunden.

Das Gericht verurteilte ihn wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls, gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sowie wegen Diebstahls zu einer Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten.

Einbezogen wurde dabei eine ehemalige Geldstrafe, weil er zu Unrecht 9500 Euro Coronasoforthilfe bezogen hatte. Das Geld muss er zurückzahlen. Außerdem wird sein Führerschein eingezogen und er darf zwei Jahre lang keinen neuen machen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

(red)