Mobilität Rad gewinnt vor Auto und Schwebebahn

WZ-Fotograf Kurt Keil erinnert sich an ein denkwürdiges Rennen über die Talachse im Mai 1976.

Die ungleichen Wettkampfteilnehmer beim Start an der Schwebebahnhaltestelle Vohwinkel.

Foto: Kurt Keil

Am 30. Mai 1976 ging ein ungewöhnliches Wettrennen in Vohwinkel an den Start: Die Schwebebahn trat an gegen die beiden Läufer Siegfried Drews und Ulrich Klein, gegen Helmut Langhankt mit seinem 75 Jahre alten Motorrad, gegen den Radrennfahrer Horst Stiefeling und gegen „Mr. Porsche“, Edgar Dören und Klaus A. Flieger im Turbo.

„Das war ein ziemlich seltsames Rennen“, sagt der langjährige WZ-Fotograf Kurt Keil, der für die Berichterstattung natürlich vor Ort war. „Wir hatten nur einen Fotografen an dem Tag, und ich sollte natürlich auch die Ankunft in Oberbarmen fotografieren.“

Doch wie konnte das funktionieren? „Es war ja nicht möglich, über die Talachse durchzukommen.“ Um den Zieleinlauf zu fotografieren, musste Keil schneller sein als alle Teilnehmer des Wettkampfes. Und so kam es, dass wenige Sekunden, nachdem der Stadtverordnete Werner Draudt die Flagge hatte sausen lassen, Kurt Keil schon im Polizeiauto saß - „abgesprochen mit dem damaligen Polizeipräsidenten, der meinte, das kriegen wir schon hin“, erzählt Keil schmunzelnd. „Nachdem der ganze Tross gestartet und unterwegs war, sind wir im Polizeiwagen erst langsam hinterher gefahren bis zum Sonnenborner Kreuz und dann auf die Autobahn, um vor den Siegern in Oberbarmen anzukommen.“ Gesagt, getan: „Ich fand ja, wenn es ein paar Minuten später würde, wäre das auch kein Problem“, erinnert sich Keil: „Aber der Polizist am Steuer gab alles, und wir sind mit Blaulicht und Spitzengeschwindigkeit über die A 46 geheizt. Es war wie Fliegen, nur tiefer.“ Was heutzutage sicher mindestens die ein oder andere Rückfrage nach sich gezogen hätte, war damals vor allem ein großer Spaß, den alle gern mitmachten.

Der Aufwand hatte sich gelohnt: „Ich bin bis an die Ziellinie gefahren worden, und tatsächlich waren wir drei Minuten vor Ankunft des Ersten da.“ Pünktlich mit Eintreffen des Siegers hatte Keil den Finger auf dem Auslöser, schweißgebadet wie er noch heute weiß. „Sieger auf der Talachse wurde der Drahtesel. 20 Minuten strampelte Stiefeling die 13,5 Kilometer nach Oberbarmen, sechs Sekunden später röhrte der Turbo über die Ziellinie, 25 Minuten brauchte die 1 PS-Adler-Maschine, und zwei Minuten später rauschte die Schwebebahn ein“, heißt es in Keils Erinnerungen: „Als Letzte hechelten die Läufer über die Ziellinie.“

25 Jahre später gab es eine Neuauflage des Wettlaufs

In der Zuschauermenge, die in Oberbarmen auf die Eintreffenden warteten, war auch Uwe Stiefeling, Sohn des Radrennfahrers und damals 18 Jahre alt: „Das Ganze war ein Gag“, sagt er im Gespräch mit der WZ - groß gefeiert worden sei bei Stiefelings im Anschluss denn auch nicht. Aber die originelle Aktion ist allen Beteiligten natürlich im Gedächtnis geblieben.

25 Jahre später gab es übrigens eine Neuauflage des Rennens in etwas abgewandelter Form: Im August 2001 hieß es: Wie kommt man am schnellsten durchs Tal? Die WZ schickte damals vom Schwebebahnhof Zoo/Stadion drei Leser entlang der Talachse zum Langerfelder Markt: einen Kurier und Taxifahrer, den damaligen deutschen Liegerad-Meister per Fahrrad und einen Busfahrer, der sein Glück mit Schwebebahn und Bus versuchte. Auch dabei lag der Radfahrer vorn, aber auf den letzten Metern, die Langerfelder Straße hinauf, hatte er keine Chance gegen den Taxifahrer. Der erreichte nach 24 Minuten als Erster das Ziel, eine Minute später traf der Radler ein. Der Bahnfahrer hatte da schon lange nichts mehr mit dem Ausgang des Rennens zu tun - denn während am Ziel bereits gefeiert wurde, wartete der Nachzügler an der Endstation der Schwebebahn auf den Busanschluss Richtung Langerfeld. Der nur knapp geschlagene Radfahrer fand in seinem Kommentar übrigens fast prophetische Worte: „Es hat Spaß gemacht, und ich glaube, man hat gesehen, dass das Fahrrad sogar in Wuppertal eine echte Alternative ist.“