Rad statt Zug: „Das ist wie ein kleiner Urlaub“

Wuppertaler Pendler sehen die Bahnsperrung pragmatisch — und haben sich schnell umgestellt.

Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Sechs Wochen Bahnsperrung in Wuppertal hat zu einem großen Umstieg geführt. Die meisten Pendler Richtung Düsseldorf und Köln steigen im Moment wohl direkt in die Busse des Schienenersatzverkehrs oder ins eigene Auto. Es gibt aber auch diejenigen, die den kompletten Weg zur Arbeit mit dem Rad machen.

Zu den Fahrradpendlern gehört Axel Sindram, der in Düsseldorf arbeitet. Unter normalen Umständen fährt der Vohwinkeler zum Bahnhof, nimmt sein Rad mit in den Zug und schwingt sich am Hauptbahnhof Düsseldorf für die Reststrecke auf den Sattel.

Während andere sich noch ärgerten, brachte ihn die Bahnsperrung auf die Idee, sich ein Pedelec zuzulegen. Also ein Rad, bei dem der Fahrer von einem Elektroantrieb unterstützt wird. Jedenfalls dann, wenn er selbst tüchtig in die Pedale tritt. Mit dem Pedelec, sagt Sindram, schaffe er den Weg von Vohwinkel zu seinem Arbeitsplatz in „70 bis 75 Minuten“.

Mit der Kombination Zug und Fahrrad geht es natürlich schneller. Doch Sindram, der in seiner Freizeit ins Fitnessstudio oder schwimmen geht, nimmt es sportlich. „Wenn ich mit dem Fahrrad hin und zurück fahre, ist das eine vollwertige Trainingseinheit.“

Allerdings läuft es auch mit dem Pedelec nicht immer glatt. Vor ein paar Tagen erst hatte Sindram auf der Strecke nach Düsseldorf einen Platten. In der Kürze der Zeit traute er sich keinen Reifenwechsel zu. „Da musste mich meine Frau mit dem Auto abholen“, erklärt er.

Ein Pedelec braucht Sonja Hoffmann nicht. Seit 15 Jahren ist es für sie Routine, von Katernberg aus mit dem Rad zum Job nach Leverkusen zu fahren. Schon während des Studiums sei sie rauf zur Wuppertaler Uni geradelt. In ihrem Unternehmen fällt sie mit ihrer Liebe zum Fahrrad allerdings immer noch auf.

„Meine Kollegen finden das verrückt“, sagt Hoffmann und zuckt die Achseln. „Aber sie haben Respekt vor dem sportlichen Antrieb.“ Die Bewegung tue ihr gut. Im Büro sitze sie eh den ganzen Tag. „Und es ist schön, wenn man in den Tag hineinfährt.“ Da nimmt sie es auch in Kauf, um fünf Uhr morgens aufzubrechen. Auf der Arbeit angekommen, habe sie dann noch Zeit, zu duschen und sich umzuziehen.

Jetzt könnte man meinen, dass der passionierten Radfahrerin die Bahnsperrung nichts ausmacht. Doch so einfach ist das nicht. So fährt sie gerne nach einem langen Arbeitstag mit der Bahn nach Wuppertal zurück.

Zurzeit muss sie aber bereits in Solingen aus dem Zug raus und das Rad nehmen. „Statt einer Stunde macht das zwei Stunden“, erklärt sie. Wenn es zu stark regnet, denkt Sonja Hoffmann pragmatisch und nimmt lieber das Auto.

Wenn Hoffmann von Solingen nach Wuppertal zurückradelt, hat sie denselben Weg wie Lorenz Hoffmann-Gaubig vom ADFC. Während seine Namensvetterin im Radler-Trikot auf dem Park & Ride-Parkplatz in Vohwinkel anlangt, trägt er T-Shirt und Sandalen. „Für mich ist das Fahrrad ein Gebrauchsgegenstand, das ich auch in Gebrauchsklamotten benutze.“

Wie Axel Sindram fährt Hoffmann-Gaubig während der Bahnsperrung mit dem Pedelec nach Düsseldorf. Mit der S-Bahn brauche er 55 Minuten bis zur Arbeit, berichtet er. Mit seinem Rad fahre er bloß eine Viertelstunde länger. Und bei gutem Wetter genieße er das Pendeln mit dem Rad richtig. „Das ist wie ein kleiner Urlaub.“ Nur drei Kilometer müsse er auf großen Straßen fahren. Sonst gehe es über Landwege durch eine „reizvolle Gegend“. Besonders schön sei der Weg am Unterbacher See.