Wuppertaler Auslese Eine Reise durch die Tiefen der menschlichen Seele: Wuppertaler Autorin Marina Jenkner im Gespräch
Wuppertal · Marina Jenkner verbindet Film, Malerei und Literatur, um die inneren Konflikte und Geschichten der Menschen zu erzählen.
Eine Nacht, die drei Frauen in unterschiedlichen Lebenslagen parallel durchleben – drei Perspektiven, die immer wieder ineinandergreifen und sich miteinander verweben. Die Erzählung „Nachthimmelweit“ der Wuppertaler Autorin Marina Jenkner ist mit dem Literaturförderpreis der Gedok 2024 ausgezeichnet worden. Das Thema war „Frauenleben.frei“. Die drei Protagonistinnen machen eine innere Entwicklung durch, Veränderungen, die der Leser mit durchlebt.
„Ich schreibe oft über das Innenleben von Menschen. Ich finde, Menschen können sich äußerlich sehr weit bewegen, können um die ganze Welt, auf den Mond reisen. Aber sie können sich innerlich auch sehr viel bewegen und innerlich sehr viele Konflikte durchmachen. Und das finde ich spannend“, erzählt die Autorin.
Die gebürtige Detmolderin ist zum Studium nach Wuppertal gekommen. Hat die Stadt lieben gelernt, trotz anfänglicher Schwierigkeiten. „Der Uni-Berg, der Hauptbahnhof, damals noch mit der sogenannten ‚Harnröhre‘, dem unterirdischen Bahnhofstunnel, und von dort zum Haspel und die Elberfelder Innenstadt. Das war mein Radius die ersten Monate und ich habe gedacht: ‚Was ist das für eine schreckliche Stadt’“, erinnert sie sich. Dann habe sie als studentische Hilfskraft bei einem Kunstgeschichtsprofessor angefangen, der regionale Architekturgeschichte unterrichtete. Der erzählte ihr von den Gründerzeit- und Jugendstilbauten, über die Geschichte Wuppertals und mehr. „Das war so spannend und so interessant, dass ich das sehr verinnerlicht habe, diese Geschichte der Stadt. Und dann habe ich als Studentin angefangen, Filme zu drehen und brauchte immer Drehorte. Und auf der Suche nach Drehorten wird man in Wuppertal natürlich fündig und findet ganz tolle, wunderbar pittoreske Orte.“ So habe sie die Stadt lieben gelernt und wohnt seit nunmehr 25 Jahren hier.
Ihre Geschichten erzählt sie auf unterschiedlichen Arten – in der Vergangenheit hat sie zahlreiche Filme gedreht, hat viel gemalt, mittlerweile verlagert sich die kreative Energie sehr auf die Literatur. Für Marina Jenkner ist das Medium letztlich gar nicht so wichtig. „Mir kommt es einfach darauf an, die Geschichten zu erzählen. Und man kann jede Geschichte mit jedem Mittel erzählen“, sagt sie. Es gibt Unterschiede, die Stilmittel sind anders, doch ein Medium ist nicht schlechter als das andere. Gefördert worden sei ihre künstlerische Ader sehr durch ihre Mutter, die Kunst und Textilgestaltung unterrichtete. Bereits in der Grundschule habe sie dann angefangen, ihre Schulhefte mit Geschichten zu füllen. „Also ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich irgendwann in meinem Leben mal nicht durch Kunst, Literatur oder Film ausgedrückt hätte“, so Jenkner.
Dabei behandelt sie oftmals ernste Themen. In ihrem Roman „Die Geschichtenlauscherin“ geht es unter anderem um einen an Demenz erkrankten Mann. Ihr Roman „Blaue Ufer“ von 2022 behandelt etwa die Aufarbeitung von traumatischen Erlebnissen. Sie nähert sich diesen Themen auf feinfühlige Weise an. „Es macht mir Spaß, für bestimmte Themen Sprachbilder zu finden und sie so zu schreiben, dass der Leser es mitfühlt“, erzählt sie. Ein klassisches „Happy End“ ist bei ihr eher selten. Vielmehr tragen ihre Geschichten stets einen melancholischen Unterton mit sich. „Es kippt aber auch nie in eine totale Düsternis. Es ist immer auch irgendwo Hoffnung, das ist mir wichtig.“
Marina Jenkner ist freiberufliche Schriftstellerin, Lektorin und Werbetexterin. Darüber hinaus betreibt sie seit 2015 den Kulturort „Die arme Poetin“ in den ehemaligen Räumlichkeiten der Freiwilligen Feuerwehr Vohwinkel an der Spitzwegstraße. Hier präsentiert sie Literatur und Film aus ihrem eigenen Schaffen sowie Lesungen von ausgewählten Kolleginnen und Kollegen.
Im September kommt ihr neuer Roman „Felines Fratze“ heraus. Da geht es um eine junge Frau, die aufgrund einer Gesichtslähmung ihr Lächeln verliert.