Kirche in Wuppertal Religionsunterricht: Schülerzahlen sinken, das Interesse nicht
Immer weniger Schüler sind getauft oder an eine Konfession gebunden. Das kann die Organisation des Unterrichts schwierig machen.
Eigentlich - da sind sich die Schulreferenten von evangelischer und katholischer Kirche einig - werde der Religionsunterricht an Wuppertaler Schulen gut angenommen. Es gebe wenig Abmeldungen. Und trotzdem werden die Lerngruppen kleiner, werde es schwieriger, den Unterricht zu organisieren. Denn: Immer weniger Schüler sind konfessionell gebunden - also evangelisch oder katholisch getauft.
Der Religionsunterricht ist in Deutschland in den meisten Bundesländern ein sogenanntes ordentliches Lehrfach. Das heißt, dass alle Schüler daran teilnehmen müssen und die Note für die Versetzung relevant ist. Der Unterricht ist konfessionell eingeteilt - evangelisch getaufte Kinder sind automatisch dem evangelischen, katholisch getaufte dem katholischen Unterricht zugeteilt. Allerdings können Eltern und auch Schüler ab 14 Jahren sich aus Gewissensgründen vom Religionsunterricht abmelden.
„Die Zahl der Abmeldungen ist verschwindend gering“, sagt Michael Neumann, katholischer Schulreferent für Wuppertal, Remscheid und Solingen beim Erzbistum Köln. Entwicklungsbedingt in der siebten bis neunten Klasse gebe es oft ein paar - wenn in der Pubertät alles Althergebrachte abgelehnt werde, sagt er. Auch Beate Haude, Schulreferentin beim evangelischen Kirchenkreis in Wuppertal sieht kein gesunkenes Interesse der Schüler. Aber: „Die konfessionelle Bindung sinkt.“
Das kann sein, weil die Eltern selbst nicht gläubig sind, unterschiedlichen Konfessionen angehören und für ihr Kind keine Entscheidung treffen wollen oder etwa einer Freikirche angehören, bei der Kinder nicht getauft werden. Auch der Anteil an muslimischen Schülern nimmt zu. Die Organisation des Religionsunterrichts macht all das kompliziert.
Die Viertel haben
unterschiedliche Traditionen
Die Lage ist in Wuppertal sehr unterschiedlich. Die Viertel hätten unterschiedliche Traditionen. An der Talachse gebe es zum Beispiel mehr Muslime als etwa auf den Höhen, sagt Haude. Für Neumann ist Wuppertal ohnehin eine besondere Stadt: Es gebe hier eine große Menge an Freikirchen, die bei der Frage nach dem konfessionellen Religionsunterricht eine extra Rolle spielen.
Wer weder katholisch noch evangelisch ist, kann sich trotzdem für einen der beiden Unterrichte entscheiden. Für die, die das nicht wollen, wird oft Ethik oder praktische Philosophie als Alternative angeboten. Das sei wichtig, findet Michael Neumann. „Damit aus Gewissensgründen nicht gewisse Gründe werden.“ Heißt: In manchen Schulen gibt es statt Reli eine Freistunde - die sei für manche verlockend.
Zwölf Schüler sind für eine Lerngruppe nötig. Wenn in einer Klasse nicht genügend zusammenkommen, wird die ganze Stufe zusammengenommen. Auch für muslimische Lerngruppen gilt das. Wenn auch das nicht reicht, wird jahrgangsübergreifend gesucht. Konfessionsübergreifenden Unterricht - also alle Christen in einer Gruppe - schließt das Erzbistum Köln weitgehend aus. Michael Neumann sagt, im Notfall könnten evangelische Schüler in den katholischen Unterricht eingeladen werden - und mit Einverständnis aller Beteiligten teilnehmen.
Beate Haude bedauert diese Trennung. „Im Religionsunterricht werden oft persönliche Dinge besprochen. Er soll für die Schüler auch ein Schutzraum sein“, sagt sie. Und sie vermutet, dass sich dieser eher mit den Klassenkameraden ergibt, mit denen man täglich im Unterricht sitzt, als mit älteren oder jüngeren Schülern, denen man sonst nur gelegentlich begegnet.
Bettina Kubanek-Meis, Leiterin der Gesamtschule Barmen, stellt auch an ihrer Schule Interesse am Religionsunterricht fest - trotz Wahlmöglichkeit. „Erstaunlich viele entscheiden sich trotz des Angebots des Faches Praktische Philosophie auch im religionsmündigen Alter für den Religionsunterricht“, sagt sie. Sie persönlich findet es gut, dass Schüler auch in Zukunft in den Schulen einen Ort oder eine Zeit haben, in der sie sich mit Religion in all ihren Facetten auseinandersetzen. Das findet auch Beate Haude. Sie höre immer wieder, dass der Religionsunterricht von den Schülern sehr geschätzt werde. „Da gibt es einfach mehr Raum, wichtige Themen zwischen Gott und Welt zu besprechen.“