So lief der Auftakt Schumacher-Prozess in Wuppertal: Zwei Angeklagte gestehen, einer streitet ab

Wuppertal · In Wuppertal hat der Prozess um den Erpressungsversuch gegen die Schumacher-Familie begonnen. So lief der Auftakt der Verhandlung.

Der Hauptangeklagte (hinten, links) spricht im Gerichtssaal mit seinem Verteidiger. In Wuppertal hat der Prozess wegen eines Erpressungsversuchs gegen die Familie von Ex-Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher begonnen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Sie sollen versucht haben, mit Fotos, Videos und Gesundheitsdaten des einstigen Formel-1-Stars Michael Schumacher Geld zu machen: Die Familie, die die Privatsphäre des 2013 verunglückten Rennfahrers sehr schützt, sollte 15 Millionen Euro zahlen, sonst würden die Daten im Darknet veröffentlicht. Seit gestern stehen deshalb drei Männer wegen versuchter Erpressung in einem besonders schweren Fall beziehungsweise Beihilfe dazu vor dem Wuppertaler Amtsgericht. Der Hauptangeklagte (53) und sein Sohn (30) räumten die Vorwürfe ein. Der 53-Jährige aus Wülfrath, der die Daten beschafft haben soll, bestritt dagegen, etwas mit der Erpressung zu tun zu haben.

Der Prozess begann unter großem Medieninteresse, zahlreiche Journalistinnen und Journalisten waren gekommen, auch aus dem Ausland. Wolf-Tilman Baumert, Sprecher der Staatsanwaltschaft, berichtete von Anfragen sogar aus Japan. Weil der große Schwurgerichtssaal derzeit wegen Sanierung nicht nutzbar ist, mussten sich Medien für die 23 Presse-Plätze im zweitgrößten Saal des Justizzentrums akkreditieren lassen. Erste Amtshandlung des Gerichts: Dem Antrag auf Zulassung der Nebenklage durch Corinna Schumacher, der Ehefrau von Michael Schumacher, wurde stattgegeben. Zwei Anwälte vertreten sie im Prozess.

Polizei konnte Spur bis
nach Wuppertal verfolgen

Nach Verlesung der Anklage räumte der 53-jährige Wuppertaler die Vorwürfe ein: „Zum größten Teil stimmt das schon.“ Schon vor einiger Zeit habe er zwei Festplatten von dem Wülfrather, den er viele Jahre kennt, erhalten. Der habe gefragt, „ob man da was machen kann“. Der Plan sei gewesen: „Was dabei rumkommt, sollte durch drei geteilt werden.“ Denn die Daten sollten von einer Krankenschwester stammen. Mit dieser hätte auch immer Rücksprache gehalten werden müssen.

Er habe erst versucht, weitere Personen an dem „Geschäft“ zu beteiligen. Ein Zeuge bestätigte, angesprochen worden zu sein. Ein anderer Zeuge, der bei der Polizei ebenfalls so ausgesagt hatte, zog im Gericht alles zurück, das sei falsch gewesen. Der Hauptangeklagte berichtete, er habe dann entscheiden, die Familie Schumacher anzusprechen. Er rief im „Michael Schumacher Office“ an, bot die Daten an mit dem Hinweis, sonst könnten sie im Darknet verkauft werden. Er habe das nicht als Erpressung gesehen: „Ist halt blöde gelaufen.“ Ein Ermittler berichtete von abgehörten Telefonaten, bestätigte: „Er hat sich als Vermittler und Guter dargestellt.“

Der erste Anruf erfolgte am 3. Juni, zwei Wochen wurde verhandelt, schließlich stellte der 53-Jährige die Forderung von 15 Millionen Euro. Das beruhte auch auf den Wünschen der Krankenschwester, sagte er. Weil die Familie Beweise wollte, ließ er seinen Sohn eine E-Mail-Adresse einrichten, die nicht zurückverfolgbar sein sollte. Das gab der 30-Jährige zu: „Ich sehe meinen Fehler ein.“ Das letzte Gespräch seines Vaters mit dem Schumacher Office nahm der Sohn auf Video auf. Erst da habe er erfahren, dass es um 15 Millionen Euro geht.

Die Familie Schumacher hat nach dem ersten Anruf die Polizei eingeschaltet. Es sei immer klar gewesen, sagte eine Mitarbeiterin der Familie, dass die Schumachers sich nicht erpressen lassen würden. Die Polizei konnte nachverfolgen, woher die Anrufe kamen, kam so auf die beiden Männer aus Wuppertal. Sie wurden am 19. Juni festgenommen. Dabei packte der 53-Jährige aus, nannte auch den Mitangeklagten. Im Gericht sagte er dem Nebenklageanwalt: „Sie können der Familie ausrichten, dass es mir aufrichtig leidtut.“ Bei Wohnungsdurchsuchungen wurden vier USB-Sticks sowie eine Festplatte gefunden. Die zweite Festplatte ist verschwunden.

Der Mann aus Wülfrath ließ seinen Anwalt erklären, dass er die Vorwürfe abstreitet. Er sei 2012 bis Anfang 2021 bei einer Sicherheitsfirma beschäftigt gewesen, die für die Schumacher-Familie arbeitet. Er gab zu, Kontakt zu den Daten gehabt zu haben: Im Auftrag von Corinna Schumacher habe er Fotos digitalisiert. Die dafür nötige Kopierstation sei noch in seinem Zimmer gewesen, als ihm gekündigt wurde. Als er das Zimmer räumen wollte, sei es durchwühlt gewesen. Zudem habe er mal den Laptop mit Gesundheitsinformationen repariert, diesen aber zurückgegeben. „Weitere Kenntnis über den Verbleib der Platte hat mein Mandant nicht“, so der Verteidiger.

Die Mitarbeiterin der Familie berichtete, dass sie sofort vermutet hätten, dass jemand „aus dem internen Kreis“ an der Erpressung beteiligt war. Denn die angerufene Nummer sei nicht öffentlich bekannt gewesen. Der Wülfrather sei „ein netter und hilfsbereiter Mitarbeiter“ gewesen. Er habe sich mit einer Pflegekraft sehr gut verstanden, die wegen nachlassender Pflegeleistung gekündigt wurde. 2021 seien schon mal Daten von dem Pflegecomputer aufgetaucht, ein Anwalt habe sie ihnen damals übergeben. Sie hätten befürchtet, dass es noch einen Erpressungsversuch geben würde.

Für den Prozess sind vier weitere Verhandlungstage geplant. Das Gericht will etwa noch aufklären, wie die Zimmerübergabe des Wülfrathers abgelaufen ist, dazu weitere Zeugen laden.