Silvio Geßner gestaltet seinen Beruf mit viel Leidenschaft
Der 36-Jährige lehrt an der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule.
„Unterricht ist eigentlich der kleinste Bereich meines Berufs“, sagt Silvio Geßner, Lehrer für Deutsch und Sowi an der Else-Lasker-Schüler-Gesamtschule. Er sieht das Klassenzimmer eher als Bühne, auf der es darum geht, zu moderieren. „Ich sehe mich als Lernberater“, sagt Geßner, der im Gespräch über seinen Beruf schnell zu der Unterscheidung zwischen einem Lehrer und einem sehr guten Lehrer kommt. Den Unterschied macht er am Engagement abseits der offiziellen Stundenzahl fest. „Es ist drum herum viel los“, sagt Geßner. Sei es ein offener Schnürsenkel oder das Gespräch mit den Eltern.
Manchmal stoße er mit seinem Engagement an seine Grenzen, bekomme aber auch viel Anerkennung: „Das öffnet das Herz, wenn Schüler von sich aus sagen ’Ich habe etwas gelernt und das war guter Unterricht’“, erzählt Geßner. Guter Unterricht ist für den Gesamtschullehrer, sich für die Schüler einen passenden Zugang zum Thema zu überlegen. Das können an dem Standort mit einem Migrantenanteil von 70 Prozent manchmal auch viele verschiedene sein.
Die Karriere als leidenschaftlicher Pädagoge war für ihn aber nicht vorgezeichnet. Geboren wurde Geßner in Gera in Thüringen. „Wir hatten gute Kontakte in den Westen“, erzählt Geßner, aber die Stasi hatte die Familie auf dem Kicker. „Einen Tag saßen meine Eltern und ich im Gefängnis — ohne dass mein Bruder wusste, wo wir waren“, sagt Geßner. Im Februar 1989 bekam die Familie eine Ausreisegenehmigung aus der DDR. „Wir durften so gut wie nichts mitnehmen“, erinnert sich Geßner. Von der Grundschule in Wuppertal war er erst einmal total geschockt.
Seine schulische Karriere war dementsprechend erst einmal keine Erfolgsgeschichte. Nach der Grundschule wechselte er auf die Realschule, von dort auf die Hauptschule Am Rott. Nach dem Abschluss begann er eine Ausbildung als Kfz-Mechaniker. „Das war aber nicht mein Ding“, so Geßner. Als nächstes folgte ein Jahr auf der Musicalschule in Wien und eine Statistenrolle in der Fernsehserie „Unter uns“. Das war auf Dauer aber auch nichts für ihn.
Auf dem Berufskolleg in Wuppertal hat es dann „Klick“ gemacht. „Da hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, ich lerne etwas“, sagt Geßner. Er machte sein Abitur nach und wollte Lehrer werden. Als angehender Lehrer bekam er ein Stipendium von der Dr.-Alfred-Springorum-Stiftung und legte los. Auch während seines Referendariats arbeitete er weiterhin als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Wuppertal.
Der Beruf ist für Silvio Geßner inzwischen eher eine Berufung. „Für viele Schüler ist man schon eine starke Bezugsperson“, sagt Geßner, der seit 2010 an der „Else“ unterrichtet und in den vergangenen Jahren einige Schüler auch in privaten Situationen unterstützt hat. Es komme natürlich darauf an, was man daraus mache und was man an sich ranlasse. „Dass sie sich mir anvertrauen, ist auch schön“, sagt Geßner. Auch das „Super Kollegium“ mit 125 Kollegen halte ihn an der „Else“ fest.