Slawig: Reiche Städte müssen den armen Städten helfen

WZ-Interview: Kämmerer Johannes Slawig (CDU) über den drohenden Stadt-Bankrott und die Wege aus der Schuldenfalle.

Herr Slawig, wenn sich die finanzielle Situation der Stadt nicht bis 2013 existenziell ändert, ist die Stadt zahlungsunfähig. Gehen dann endgültig die Lichter aus in Wuppertal?

Johannes Slawig: Zahlungsunfähig nicht gerade, aber überschuldet. Möglicherweise erreichen wir diesen Punkt schon vor 2013.

Nach den Prognosen der Finanzaufsicht, die unseren Berechnungen entsprechen, wird Wuppertal bis 2013 das Eigenkapital aufgebraucht haben. Vereinfacht gesagt bedeutet das: Die Stadt gehört dann den Banken und nicht mehr den Bürgern. Damit wäre das Ende der kommunalen Selbstverwaltung erreicht.

Es geht hier mehr um einen schleichenden Prozess. Wir erleben schon seit Jahren wachsende finanzielle Einschränkungen, Sparzwänge und Streichungen. Die bilanzielle Überschuldung ist das Ende dieser Entwicklung. Aber sie bedeutet natürlich, dass wir gar nicht mehr beweglich sein werden, dass es beispielsweise in der Verwaltung keine Ausbildung, keine Beförderungen mehr geben wird. Wir werden die Dienstleistungen des Rathauses weiter einschränken müssen. Das werden die Menschen unmittelbar zu spüren bekommen.

Die Handlungsfreiheit ist schon jetzt stark eingeschränkt. Aber wir verfügen noch über 70 Millionen Euro freiwillige Leistungen. Es ist nicht so, dass wir gar nicht mehr gestalten können. Und es wird ja auch noch investiert in der Stadt, das darf man nicht vergessen. Aber ich gebe Ihnen recht, der Druck wird stärker.

Wir werden die Vorschläge des Gemeindeprüfungsamtes sorgfältig prüfen. Die Finanzaufsicht fordert uns auf, ein neues Haushaltssicherungskonzept vorzulegen. Genau das werden wir auch tun. Wir müssen weiter sparen. Unsere Aufgabe ist es, die wachsende Verschuldung so weit wie möglich hinauszuzögern.

Das kann ich noch nicht sagen. Nur so viel: Es kann angesichts unserer Haushaltslage keine Tabus mehr geben. Alles steht auf dem Prüfstand.

Nein, wir können unseren Beitrag leisten und sind auch bereit dazu. Aber allein werden wir aus der Schuldenfalle nicht herauskommen. Entscheidend für das finanzielle Überleben wird sein, ob es in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Ländern und reichen Städten gelingen wird, eine Befreiung der armen Städte von ihren Altschulden zu erreichen. Wir wären damit auf einen Schlag 50 Millionen Euro Zinsbelastung los.

So ähnlich wie bei der Föderalismusreform. Arme Bundesländer erhalten Strukturhilfen, an denen auch die reichen Länder beteiligen. Ähnlich könnte auch eine Umverteilung zugunsten der armen Städte funktionieren.

Unter anderem, ja. Es handelt sich um eine Solidaraufgabe aller Beteiligten. Jeder muss seinen Beitrag leisten, arm wie reich. Es kann nicht sein, dass ein Drittel aller Einwohner Nordrhein-Westfalens in einer Stadt lebt, die überschuldet ist.

Natürlich wird es erheblichen Widerstand geben. Aber auch Düsseldorf kann nicht darin interessiert sein, dass das nähere und weitere Umfeld verarmt. Aber mir ist bewusst, dass sich eine solche Aufgabe nur im Konflikt lösen lässt. An der Stelle ist das Land gefordert, das Solidarpaket zu schnüren und auch durchzusetzen - gegen alle Widerstände.

Genau diese Haltung darf erst gar nicht aufkommen. Wuppertal hat keinen Grund, zu resignieren. Diese Stadt hat es nicht verdient, kaputtgespart zu werden. Das sollten wir uns immer vor Augen halten. Wir sind bereit, alle Anstrengungen zu unternehmen, um Wuppertal aus der nicht selbst verursachten Schuldenfalle zu holen. Aber es muss sich auch lohnen.