Smartphones gehören zu digitaler Lehre
Mit dem Audience Response System kann der Dozent überprüfen, welche Inhalte seiner Vorlesung die Studenten verstanden haben.
Mit einem Blick auf den Bildschirm stellt Prof. Nils Crasselt fest: „Da hatten Sie ja schon letzte Woche Probleme.“ 48 Prozent der Studierenden haben die falsche Antwort auf seine Frage gegeben, also fast die Hälfte hat das Thema „Zuschlagskalkulation“ in der Grundlagenveranstaltung „Kosten- und Erlösrechnung“ nicht verstanden. „Woran liegt das?“, fragt der Wirtschaftswissenschaftler und wiederholt Schritt für Schritt das Thema, das er bereits in der vergangenen Woche in seiner Vorlesung erklärt hat.
Zu Beginn der neuen Stunde wiederholt Prof. Nils Crasselt, Inhaber des Lehrstuhls für Controlling an der Schumpeter School of Business and Economics, immer den Stoff. Dazu stellt er den etwa 600 Studierenden im großen Hörsaal der Uni Wuppertal Fragen. Die beantworten die Studenten aber nicht per Handzeichen, sondern mit einem Audience Response System (ARS).
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„Das Audience Response System muss man sich so vorstellen, wie das, was Günther Jauch bei ’Wer wird Millionär?’ macht“, beschreibt Christian Nölle die Funktionsweise. Er ist Abteilungsleiter für Anwenderunterstützung, E-Learning und Qualifizierung im Zentrum für Informations- und Medienverarbeitung der Bergischen Uni (ZIM). Der Dozent stellt den Studierenden quasi die Publikumsfrage und diese können dann Antwort A,B,C oder D drücken. „Das ist aber losgelöst von einem Ted-System. Das läuft über das Smartphone“, erklärt Nölle.
Die Studenten loggen sich dazu vor der Vorlesung in das System ein und können dann sowohl auf dem Bildschirm als auch auf der Leinwand hinter dem Dozenten die Fragen sehen, sobald er sie zur Abstimmung freigegeben hat. Die Studenten haben dann eine bis eineinhalb Minuten Zeit, um zu antworten. Der Dozent sieht währenddessen, wie viele Antworten eingegangen sind.
Spannend ist der Moment, in dem Crasselt auf die Auswertung drückt und die vier Balken nach oben schnellen. Dann wird deutlich, ob ein Thema kapiert wurde. „Es hilft den Studenten, dass sie signalisieren können, das habe ich nicht verstanden“, sagt Crasselt. Die spielerische Art des Audience Response Systems lockere das Ganze auf.
„Über das Audience Response System bekomme ich ein gutes Feedback. Sonst konnte ich nur am Geräuschpegel im Hörsaal erahnen, ob ein Thema verstanden wurde“, sagt Crasselt. Wenn es laut werde, erklärten sich die Studierenden gegenseitig die Beispiele. „Dann rede ich gegen eine Schallwand“, sagt Crasselt. Die anonyme Befragung klappe auch besser als die Abfrage per Handzeichen, um herauszufinden, wie viele das Thema verstanden haben.
Und wie kommt das Feedback per ARS bei den Studenten an? „Ich finde es gut, weil man nicht häufig die Gelegenheit dazu hat“, sagt Rebecca Hilga: „Wenn man etwas nicht verstanden hat, hat man Pech gehabt.“ Auch Maximilian Werner, der Wirtschaftswissenschaften studiert, findet das System sehr gut: „Man kann direkt sehen, ob man richtig oder falsch liegt.“ Lena Becker berichtet, dass das W-Lan noch häufig zusammenbricht. Sie bemängelt die Auswertung: „Wenn nur 60 Prozent die Frage richtig beantworten, würde ich mich als Dozent fragen, was mit den anderen 40 Prozent ist.“
Das Audience Response System wird seit etwa zwei Jahren an der Uni Wuppertal genutzt. Neu ist, dass es in einem so großen Hörsaal wie dem HS 33 zum Einsatz kommt. In den Raum passen bis zu 800 Studierende. „Wir haben die Technik im Sommersemester getestet. Seit diesem Semester setze ich sie regelmäßig ein“, sagt Crasselt. In kleinen Räumen klappe das System einwandfrei, zum Beispiel in Seminaren oder Veranstaltungen, in denen 200 bis 300 Leute sitzen, berichtet Nölle. „Bei 600 bis 650 Nutzern stoßen wir an unsere Kapazitätsgrenze. Das ist eine technische Herausforderung.“
Die technischen Neuerungen seien aber nichts, was plötzlich über die Uni hereinbreche, sagt Nölle. Die Studierenden forderten sie ein. „Es gibt zum Beispiel die Erwartung, dass Folien aus der Vorlesung online stehen“, sagt Crasselt. Die Unterlagen, die seit zehn Jahren über das uni-interne Netzwerk „Moodle“ heruntergeladen werden können, werden nicht mehr ausgedruckt, sondern direkt auf dem Tablet bearbeitet. „Wir haben ein Potpourri an Möglichkeiten zur Verfügung und jeder muss herausfinden, welche Werkzeuge funktionieren“, sagt Nölle. Die Digitalisierung der Lehre sei ein Prozess.
„Wir ändern die Methoden“, sagt Crasselt, der in den vergangenen Jahrzehnten den Wandel von Tafel über Overheadprojektor und Beamer hin zu Smartboards miterlebt hat. „Das Handy ist omnipräsent“, sagt er. Während der Vorlesung hätten die meisten Studenten das Smartphone sowieso an. Daher sei es naheliegend, es auch in der Vorlesung einzusetzen.