Konkurrenz So kämpfen Kinos in Wuppertal gegen Netflix und Co.
Elberfeld/Barmen · Wuppertaler Kinos wollen mit neuen Angeboten Kunden gewinnen. Es ist ein Kampf um die Freizeit.
In Städten weisen riesige Plakatwände auf neue Filmproduktionen hin – nur laufen die nicht im Kino, sondern bei Netflix oder Amazon Prime. Mit diesen spannenden Angeboten bleibt der eine oder andere Kinobesucher doch auf der Couch sitzen und konsumiert Serien und Filme. Dabei kann er sich sogar aussuchen, wann er sie anschauen will. Doch von einem Kinosterben will Mustafa El Mesaoudi nichts wissen. Er betreibt in Oberbarmen seit 2007 das „Cinema“ und seit 2015 das „Rex“ in Elberfeld. „Der Zusammenhang zwischen den Serien auf Amazon Prime und Netflix ist nicht passend“, sagt El Mesaoudi. „Es wird eher kein lineares Fernsehen mehr geben.“ Die Streamingdienste hätten die DVD abgelöst, als nächstes werde das Fernsehen abgeschafft.
Die Zahl der Kinobesucher ist nach Angaben der Filmförderungsanstalt (FFA) in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland von knapp 149 Millionen auf 105,4 Millionen gesunken. 2018 verzeichneten die großen Multiplex-Kinos bundesweit einen besonders herben Rückgang: acht Millionen weniger Besucher wollten ins Kino, das sind 15 Prozent weniger als im Vorjahr. Als Grund nennt die Sprecherin der Cinemaxx-Kinos, Ingrid Breul-Husar, „das unglaublich gute und lange andauernde Sommerwetter sowie die Fußballweltmeisterschaft“. Auch die Anzahl von großen Blockbustern sei sehr gering gewesen.
Im Programm des „Cinema“ und des „Rex“ finden sich eher anspruchsvolle Filme, unter anderem Dokus und spezielle Filme. Es können aber auch kommerziell erfolgreiche Filme darunter sein, wie zuletzt die Filmografie des Queen-Sängers Freddy Mercury „Bohemian Rapsody“. Das „Rex“ und das „Cinema“ konnten sich trotz des Sommerwetters im vergangenen Jahr gegen den Trend entwickeln mit einem Besucherplus von einem Prozent.
Polnische Untertitel
als alternativer Inhalt
„Es gibt natürlich einen Wettbewerb um das Freizeitkontingent jedes einzelnen“, so Kinobetreiber El Mesaoudi. Dennoch seien die Streaming-Anbieter keine direkte Konkurrenz. Arthouse-Filme, für die kein kommerzielles Interesse im Vordergrund stehen, fänden bei Netflix und Co. nicht statt. Dort liefen hauptsächlich „Actionserien oder Serienkillerserien“. Auch Ingrid Breul-Husar nimmt das Angebot im Internet nicht als Konkurrenz wahr: „Die FFA-Studie 2017 zum Kinomarkt zeigt, dass besonders die Nutzer von Netflix & Co. überdurchschnittlich oft ins Kino gehen.“ Punkten konnten die Kinos auch mit „alternativen Inhalten“, wie polnischen Filmen ohne Untertitel. „Das machen wir, wenn die Community vor Ort stark ist, wie in Wuppertal“, so Ingrid Breul-Husar.
In den vergangenen zehn Jahren hat auch in den Programmkinos die Zahl der Kinobesucher abgenommen. Die Gründe dafür würden derzeit analysiert. Sicher ist aber: „Wir verlieren das junge Publikum. Die Millenials gucken lieber Kurzvideos auf YouTube“, sagt Mustafa El Mesaoudi. Zulegen konnten die Kinos im Bereich der Best Ager: „Die Generation 40 Plus geht öfter als vor zehn Jahren ins Kino.“
Um wieder mehr Menschen ins Kino zu locken, müsse sich am Marketing des Kinos etwas ändern. „Da können wir uns noch bei Netflix etwas abschauen und die Sozialen Medien stärker nutzen“, so El Mesaoudi. Der begeisterte Cineast macht Kino aus Leidenschaft, denn „Kino ist ein Ort, da findet etwas statt, was nicht vor dem Fernseher stattfindet.“
Das Kinoerlebnis will auch das Cinemaxx in Wuppertal wieder stärker in den Fokus rücken. Die Erwartungshaltung der Konsumenten habe sich innerhalb der vergangen zehn bis 15 Jahre erheblich gesteigert, sagt Ingrid Breul-Husar. „Was gestern als Luxus empfunden wurde, ist heute Standard.“ Das Cinemaxx investiert daher über alle Standorte in Aufenthaltsqualität in- und außerhalb der Säle. „Aktuell bauen wir das Kino Wuppertal in das Cinemaxx der nächsten Generation um“, sagt die Sprecherin.
Die Säle wurden bereits mit Relax-Seats ausgestattet. Die extra breiten Ledersessel mit extra breiten Armlehnen haben gepolsterte Kopflehnen und eine flexible Rückenlehne. Im zweiten Schritt werden das Kinofoyer und die Gastronomie-Bereiche neu konzipiert, um die Kinobesucher nach dem Film zum Verweilen einzuladen.
In der Nachbarstadt Remscheid ist im vergangenen Dezember ein Kino neu eröffnet worden. Hier zeigen sich die Betreiber des Multiplex-Kinos zufrieden mit dem Zuspruch. Besucherzahlen will die Sprecherin des Cinestar wie alle anderen Lichtspielhäuser nicht nennen.