Wuppertal Stadt stellt 20 Azubis für Kitas ein

Ein Schritt gegen den Erzieher-Mangel: Mit dem Berufskolleg Kohlstraße führt Wuppertal die duale Ausbildung für Erzieher ein.

Wuppertal: Stadt stellt 20 Azubis für Kitas ein
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Wuppertal. Der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen ist ein Thema, das in Wuppertal nicht nur auf politischer Ebene kontrovers diskutiert wird. Auch die meisten Eltern haben hierzu eine klare Meinung. Doch jede Diskussion endet zwangsläufig mit der Frage: „Wo soll das Personal dafür herkommen?“

80 Stellen hat alleine die Stadt mit ihren 62 Kindertagesstätten aktuell zu besetzen. Hinzu kommen die freien Träger und Elterninitiativen, der Offene Ganztag an Grundschulen und die Betreuung in Heimen und Wohngruppen. Daher setzt die Stadt nun auf ein altes und dennoch neues Modell: die duale Ausbildung.

„PIA — Praxisintegrierte Ausbildung für Erzieher“ heißt das Projekt, das die Verwaltung gemeinsam mit dem Berufskolleg Kohlstraße umsetzt. Dazu stellt die Stadt jetzt 20 lebenserfahrene Erzieherinnen-Azubis ein — mit Ausbildungsgehalt ab dem ersten Tag. „Dabei handelt es sich um etwas völlig Neues. Nämlich den Einstieg in die duale Ausbildung bei den Erzieherinnen“, betont Sozialdezernent Stefan Kühn. „Noch können wir zwar alle Stellen besetzen, aber der Bedarf wird wachsen.“ Mit PIA wolle die Verwaltung zur Fachkräftesicherung beitragen.

Doppelbelastung: Erzieher-Azubis gehen nebenbei arbeiten

Bislang gibt es in Wuppertal nur die schulische Ausbildung. Ab August 2017 kommt nun für Erwachsene mit vorausgegangener Erstausbildung oder Studienabbrecher die Möglichkeit der dualen Ausbildung hinzu. An zwei bis drei Tagen pro Woche findet der praktische Teil in einer städtischen Kita statt, die übrigen Tage sind Schule.

„Die Erzieherausbildung ist sehr anspruchsvoll und dauert bis zu fünf Jahre. Dass es dafür keine Bezahlung gibt, ist für viele eine Hürde“, weiß Anke Brandenburg, Abteilungsleiterin der Fachschule für Sozialpädagogik an der Kohlstraße. Nur im letzten Jahr, dem sogenannten Anerkennungsjahr, gebe es ein Gehalt. An privaten Fachschulen müsse sogar ein Schulgeld bezahlt werden. „Viele von unseren Schülern gehen nebenbei arbeiten, um sich zu finanzieren.“

Allerdings seien die Anforderungen an die Studierenden hoch und viele mit Doppelbelastung müssten die Ausbildung abbrechen. Von 90 Studienbeginnern würden nur zwischen 60 und 70 den Abschluss erreichen — davon zehn Prozent Männer. „Die Ausbildung ist vom Anspruch her mit einem Bachelor-Studium vergleichbar“, konstatiert Anke Brandenburg.

Deshalb bräuchten die Studierenden mindestens einen mittleren Schulabschluss und müssten zunächst die zweijährige Ausbildung zur Kinderpflegerin absolvieren, bevor sie mit der Erzieherinnen-Ausbildung beginnen könnten. Abiturienten und sogar Studienabbrecher müssten ein Praktikum von 900 Stunden in einer sozialen Einrichtung ableisten, bevor sie die Ausbildung zur staatlich anerkanntenten Erzieherin anfangen dürften.

An den schulischen Voraussetzungen ändert „PIA“ zwar nichts. Aber Anke Brandenburg ist zuversichtlich, dass Menschen, die schon eine andere Ausbildung haben, nun durch die Vergütung motiviert werden können, die Erzieher-Ausbildung anzufangen. „Wir sind sehr froh, dass wir diese Kooperation mit der Stadt haben“, sagt sie. In anderen Städten gebe es PIA schon, und es sei erfolgreich. Das Ausbildungsgehalt für die Erzieherinnen richte sich nach dem Tarifvertrag der Stadt und würde im ersten Jahr rund 850, im zweiten rund 900 und im dritten Jahr 950 Euro betragen, sagt Anke Brandenburg.

Dass Erzieherinnen bei der Stadt seit diesem Jahr unbefristet eingestellt werden, findet Helga Krüger von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) einen weiteren Schritt in die richtige Richtung. Probleme gebe es aber immer noch: „Der Beruf ist nicht mehr attraktiv. Die Anforderungen sind stark gestiegen, die Vergütung aber nicht.“

Zwar sei das Gehalt der Erzieherinnen nach dem Streik im vergangen Jahr erhöht worden, aber dafür würden viele Kräfte nur in Teilzeit eingestellt: „Nur ein Drittel der Beschäftigten arbeitet in Vollzeit. Und von denen in Teilzeit hat ein Viertel weniger als eine halbe Stelle. Davon kann man keine Familie ernähren.“