Selbstversuch Stadtrundfahrt mal anders: Mit dem Taxi durch Wuppertals Höhen und Tiefen

Wuppertal in 90 Minuten. Die WZ hat die neue Stadtrundfahrt von Marketing GmbH und Taxizentrale getestet. Am Steuer: Ein Fahrer, der sich in der Stadt bestens auskennt.

Foto: Anna Schwartz

Nico Höttges ist in Wuppertal geboren und nahezu täglich auf den Straßen zwischen Vohwinkel und Oberbarmen unterwegs. Eigentlich ist er Taxifahrer, aber sein Beruf qualifiziert ihn auch bestens zum Stadtführer. Und genau in dieser Funktion kann man ihn und ein paar ausgewählte Kollegen neuerdings buchen. Die Fahrgäste erwartet eine 90-minütige Tour durchs komplette Stadtgebiet. Die WZ hat das relativ junge Angebot von Wuppertal Marketing und Taxizentrale getestet.

Der erste Vorteil der Tour gegenüber einer normalen Stadtrundfahrt offenbart sich direkt zu Beginn: Nico Höttges sammelt seine Fahrgäste von überall ein. Also beginnt die Fahrt heute vor der WZ-Redaktion an der Ohligsmühle. Höttges fängt mit Wuppertals Geschichte an, schließlich hat er oft Menschen im Auto sitzen, die die Stadt noch überhaupt nicht kennen. „Es gibt immer wieder Leute, die glauben, dass Wuppertal zum Ruhrgebiet gehört“, sagt Höttges und lacht. Auch seien viele Touristen verblüfft, dass Wuppertal eine Großstadt ist.

Also fängt Höttges bei Adam und Eva an. Im Fall Wuppertals also Elberfeld und Barmen, die im Rahmen der Gebietsreform 1929 in NRW gemeinsam mit Vohwinkel, Ronsdorf und Cronenberg eine Zwangsehe eingingen. „Nach einem Jahr mit dem sperrigen Namen Barmen-Elberfeld entschied man sich 1930 nach einer Bürgerbefragung für Wuppertal.“ Immer wieder deutet Höttges auf die schönen Häuser im klassizistischen Baustil hin, etwa am Von-der-Heydt-Museum.

An der Kreuzung Brausenwerth blicken Höttges Fahrgäste dann auf den neuen Döppersberg. An der Architektur des Primark-Baus scheiden sich die Geister, aber bei einer Sache gebe es Einigkeit: „Viel zu groß, sagen die Leute.“ Höttges zeichnet kein rosa-rotes Bild von der Stadt. Bei der Fahrt vorbei am geschlossenen Schauspielhaus kommt der Taxifahrer auf die finanzielle Situation der Stadt zu sprechen.

Nachdem Höttges an der Gerichtsinsel das Anekdötchen vom „über die Wupper gehen“ zum Besten gegeben hat, rollt das Taxi auch schon bald am Historischen Zentrum vorbei. „Das ist das Highlight für Chinesen, die wollen unbedingt ein Foto von der Engels-Statue machen“, sagt der Wuppertaler. Da ist das wendige Taxi viel flexibler als der Oldtimer-Bus, in dem ebenfalls Stadtrundfahrten angeboten werden.

Höttges hält gerne mal zwischendurch an. Auch macht das Vorstandsmitglied der Taxizentrale auf Wunsch der Gäste einen individuellen Abstecher: „Wenn einer unbedingt mal das Stadion am Zoo sehen will, dann fahren wir da vorbei. Kein Problem.“

Die Schwebebahn fasziniert Touristen ebenso wie die passende Tuffi-Geschichte. Am Brauhaus in Barmen angekommen informiert der Fahrer: „Das war bis 1997 eine Bäder-Anstalt.“ Heute sei das Brauhaus in diesen Räumen ein ganz beliebter Anlaufpunkt für Geschäftsleute und Touristen.

Als Nächstes verblüfft Höttges seine Gäste mit Wuppertals Höhenunterschieden: Es geht hinauf zur Oberen Lichtenplatzer Straße, von wo aus es mehrere Panoramablicke ins Tal gibt — nicht die letzten der Fahrt. Viele sind auch überrascht, wenn sie von dem Taxifahrer hören, dass es 469 öffentliche Treppen in Wuppertal gibt.

Für den Blick die besonders steile, aber gesperrt, Jakobstreppe hält Nico Höttges auch mal eben in einer Einfahrt und lässt die Gäste staunen. Das soll ein Bus einmal nachmachen. Eine ähnliche Zwischenstation gibt es am Ottenbrucher Bahnhof, wo die Gäste sich kurz auf der Nordbahntrasse die Füße vertreten können.

Am Ende hat der Fahrgast wirklich fast alles gesehen: Opernhaus, Barmer Anlagen, Briller Viertel, Historische Stadthalle, Gaskessel, Märchenbrunnen und die Uni. Nach 90 Minuten hält das Taxi wieder an der Ohligsmühle — mit 72,50 Euro auf der Uhr. Da machen die Touristen dann ein gutes Geschäft, denn die Rundfahrt kostet lediglich 68 Euro — und den kundigen Stadtführer gibt es gratis dazu.