Atelier: Aus der Druckpresse kommen grafische Kunstwerke

Die Künstler Peter Paulus und Stephan Werbeck stellen experimentelle Grafiken her.

Wichlinghausen. Es riecht nach Druckfarbe und nach Arbeit: Der große, ehemalige Fabrikraum im roten Backsteinbau an der Wiescherstraße in Wichlinghausen ist mit historischen und modernen Druckpressen bestückt. Grafiken zieren die hohen weißen Wände und zeichnerische Skizzen. Material für Naturstudien lagern in Regalen — Tierschädel, Wurzeln, Hölzer. Das gut beheizte Atelier lädt geradezu dazu ein, seine verborgenen künstlerischen Talente zu entdecken.

Die Grafik-Künstler Peter Paulus und Stephan Werbeck sind hier zu Hause. Der gebürtige Wuppertaler Paulus: „Wir haben uns vor drei Jahren kennengelernt und haben im Frühjahr dieses Jahres das Atelier bezogen.“ Hier entstehen die Kunstwerke: Lithografien, Radierungen und experimentelle Druckgrafiken.

Peter Paulus zeigt seine Ätz-Radierungen, die die Tiefdruckpresse benötigen. Feine Strichgrafiken sind das, verwirbelte und verwobene Liniengespinste, bei denen mehrere Metallplatten in unterschiedlichen Farben übereinander gedruckt werden. Woher die Ideen kommen? Paulus: „Da lag ich am Strand und hörte das Wasser rauschen.“ Wie zarte Wellen oder feine Haarstrukturen wirken die Kunstwerke und sie ziehen den Blick weit hinein ins Bild.

Auch eine Buchdruckpresse mit echten Bleilettern gibt es, denn Paulus stellt seine Werke auch als kunstvoll gestaltete Bücher her. „Amphora“ ist eines betitelt und Paulus beschreibt seine Intention: „Ich entwickele aus der Form der Amphore eine Art Choreografie durch Anordnung und Rhythmisierung. Meine Gestaltungsprinzipien sind: Geometrie, Balance, Morphologie, Rhythmus und Atmung.“

Stephan Werbeck ist Grafiker und Maler. Kein Wunder, dass er die Litho-Presse von 1900 für seine Flachdrucke liebt: „Auf dem Kalksandstein zeichne ich mit fetthaltigen Stiften, Kreiden oder Tuschen auf die Gummibeschichtung. Wenn das Gummi abgewaschen ist, bleibt die Zeichnung stehen.“ Einleuchtend, dass jedes Einfärben nur einen Druck ergibt — echte Handarbeit also und Unikate, die der Künstler schafft. Werbeck experimentiert aber auch mit neuen Materialien, etwa mit dünnen Kunststoff-Platten, wie sie für den Modellbau verwendet werden. Leicht lassen sich Zeichnungen einritzen und werden etwa mit Linoldruckfarben eingefärbt. Als „Druckpresse“ genügt ein mit Sand gefülltes Kanalrohr.

Der Atelier-Name „Syngraph“ verrät, dass hier nicht nur das Künstler-Duo kreativ tätig ist. Paulus: „Wir bieten Kurse im freien und gebundenen Zeichnen an und führen in Workshops in die Druckgrafik ein.“ Und Künstler-Kollegen ohne Werkstatt können hier ihre Werke drucken lassen. Kein Wunder, dass sich auch bereits Volkshochschule, Kunst- und Museumsverein und allgemeinbildende Schulen für das Grafik-Atelier interessieren.