Bierhaus Schmidt: Ein Wirt mit Leib und Seele

Nach 48 Jahren setzen sich Manfred und Brigitte Bockhacker zur Ruhe und blicken zurück.

Barmen. Die kleine Kneipe in unserer Straße, da wo das Leben noch lebenswert ist...

"Kennen Sie den Schlager von Peter Alexander? Genau so war es bei uns auch!" Manfred und Brigitte Bockhacker lächeln. Eine lange Theke, sechs Tische, eine kleine Küche - das war ihr Bierhaus Schmidt. 48Jahre stand das Ehepaar dort hinter der Theke. "Es war unser Wohnzimmer und das Wohnzimmer unserer Gäste". Manfred Bockhacker (69) muss schlucken.

Noch hat er sich nicht daran gewöhnt, nicht mehr "unten" zu sein. Nicht mehr um 11Uhr die Türen zu öffnen und die ersten Gäste zu begrüßen. "Es war wie eine große Familie, man kannte sich. Viele der Gäste sind mit uns alt geworden", sagt Brigitte Bockhacker. Sie ist froh, nun endlich im Ruhestand zu sein, "aber mein Mann, der hätte am liebsten noch die 50 Jahre voll gemacht. Der war Wirt mit Leib und Seele ." Ihr Mann nickt und lacht verschmitzt. Gastwirt - das wollte er immer werden und nie hat er seine Berufswahl bereut.

1961 übernahmen die beiden als junges Ehepaar das Bierhaus Schmidt. "Bei uns kam alles zusammen, vom Rechtsanwalt über den Doktor bis zum Fabrikarbeiter, da gab es keine Unterschiede", erzählt Brigitte Bockhacker. Eine Dame aus einem nahen Altenheim sei jeden Tag gekommen und hätte sich ihr "Pilschen" oder ein Glas Rotwein genehmigt.

Andere kamen nach der Arbeit ins Bierhaus. "Man kriegt einiges an Geschichten zu hören, da muss man fast schon Psychologe sein", sagt Bockhacker. Und Verantwortung müsse man haben. "Wenn ich gesehen hab, dass einer betrunken noch fahren wollte, dann hab ich dem ein Taxi gerufen. Natürlich, dass muss man machen." Er nickt bekräftigend.

"Freitags war früher immer Lohntütenball, da hat manch einer seinen Wochenlohn in Bier investiert", erinnert sich Brigitte Bockacker. Vor allem in der Anfangszeit in den 1960er und 70er Jahren sei dies passiert, "und wenn die Ehefrau bei uns im Laden anrief, hab ich gesagt, dass ihr Mann ausrichten lässt, er sei nicht da". Wieder lacht Bockacker und erzählt dann, wie einmal der Anruf einer Ehefrau kam, dass es zu Hause brennen würde und der Mann dringend kommen müsse.

"Der hat zu mir gesagt, wenn dass nicht stimme, dann käme er nie wieder. Aber es hat gestimmt, bei ihm zu Hause hat es wirklich gebrannt." Für andere Gäste hat Bockhacker schon mal die Uhr verstellt, damit der Ehemann seine Frau nicht vom Bus abholte. "Die kam dann nämlich auch zu uns. Hat sich erst furchtbar aufgeregt, aber dann hat sie einen Eierlikör bekommen, und die Sache war gut".

Eines war Manfred Bockhacker in all den Jahren als Gastwirt heilig: "Ich habe nie einen mitgetrunken. Eher hab ich eine Runde ausgegeben. Und ich bin immer beim ’Sie’ geblieben. So eine gewisse Distanz muss man schon haben". An Nähe und familiärer Stimmung fehlte es trotzdem nicht im Bierhaus.

"Als der Bierkonsum zurückging, haben wir unsere Küche erweitert. "Richtig gute Hausmannskost konnte man bei uns bekommen", erzählt Brigitte Bockacker, die für die Speisen verantwortlich war. Im Gegensatz zu ihrem Mann ist sie froh, nun endlich Zeit zu haben. "Früher hatten wir jeden Tag außer Sonntags geöffnet, jetzt ist jeder Tag für mich wie Sonntag."