Ein Haarschnitt mit Herz

Eineinhalb Jahre lang schnitt Monika Seelbach Bedürftigen kostenlos die Haare.

Barmen. Erst der Umhang, dann der Gummikragen und schon kann es losgehen: Monika Seelbach holt Kamm und Schere hervor, nimmt eine Haarsträhne zwischen zwei Finger und fängt an zu schneiden. Was wie eine Szene aus einem normalen Frisörsalon anmutet, findet in Wirklichkeit im Kaufhaus der Kleinen Preise bei der Wuppertaler Tafel statt. Zwischen Schuhen und Schlüpfern, umgeben von Wäschebergen und überfüllten Regalen hat Monika Seelbach eineinhalb Jahre lang ihren Kunden die Haare geschnitten. Kostenlos, aus reiner Gefälligkeit. "So ein Friseurbesuch kann nämlich sehr teuer sein", weiß die ehemals selbstständige Frisörin.

Wegen ihrer Krankheit musste Monika Seelbach ihren Salon nach 24 Jahren aufgeben, 2007 begann sie im Rahmen einer Maßnahme des Arbeitsamtes bei der Wuppertaler Tafel, Abteilung Textil. Eigentlich sollte sie dort Wäsche sortieren und sich um den Bereich Kleidung kümmern. "Aber als einige mitbekamen, dass ich Frisörin bin, habe ich hin und wieder aus Gefälligkeit die Haare geschnitten", erzählt die 55-Jährige. Tafel-Chef Wolfgang Nielsen bekam Wind von der Sache und er sagte: "Entweder ganz oder gar nicht!"

So kam es, dass Monika Seelbach eineinhalb Jahre lang zwei Mal monatlich ihre Frisörausrüstung mit zur Tafel brachte und jedem der wollte, die Haare schnitt. "Meist waren es rund 20 Leute am Tag". Leute, die sich einen normalen Frisörbesuch nicht leisten konnten, die manchmal mehrere Jahre nicht beim Frisör waren. "Es gab nur eine Bedingung beim Haare schneiden", betont Monika Seelbach, "die Haare mussten sauber und gewaschen sein." Wer ihren Hygieneansprüchen nicht genügte, wurde von ihr auch schon mal zum Haarewaschen geschickt, "aber komplett abgewiesen habe ich noch keinen".

Vor allem vor Vorstellungsgesprächen sei ihre Arbeit wichtig gewesen, "mit einem neuen Haarschnitt hat man gleich ein ganz anderes Selbstwertgefühl, man fühlt sich einfach besser", sagt sie. Manche ihrer Kunden nutzten die Zeit bei ihr auch, um sich ein paar Dinge von der Seele zu reden. "Ich selbst spreche beim Arbeiten nicht viel, ich muss mich konzentrieren, aber meine Kunden haben oft von sich aus erzählt".

Nach eineinhalb Jahren als ehrenamtliche Frisörin bei der Wuppertaler Tafel ist nun aber Schluss für sie - "ich werde jetzt bei proviel arbeiten und dort eine Reha machen". Schwer sei ihr der Abschied gefallen, nach so langer Zeit kannte sie viele ihrer Kunden richtig gut. Das Angebot eines kostenlosen Haarschnitts bei der Wuppertaler Tafel bleibt aber dennoch erhalten: Ihren Job als Frisör übernimmt Wolfgang Stiebel, selbst ausgebildeter Frisör. "Es war mir wichtig, hier keine Lücke zu hinterlassen, ich wollte, dass das Angebot weitergeführt wird", betont Monika Seelbach.