Gertrud Bruß lebt seit 99 Jahren in Nächstebreck
Am Wochenende feiern viele Gemeindemitglieder ihre Gold- oder Jubelkonfirmation. Gertrud Bruß wurde vor 85 Jahren in der Hottensteiner Kirche konfirmiert.
Nächstebreck. Für Getrud Bruß hat die Hottensteiner Kirche in Nächstebreck und das Umfeld eine besondere Bedeutung: In dem kleinen Gotteshaus mit der Schiefer-Fassade wurde die heute 99-Jährige im Mai 1910 von dem zweiten Pfarrer der Gemeinde getauft. Vor 85 Jahren, 1924, konfirmierte sie der dritte Pfarrer in Nächstebreck. Doch damit nicht genug: Die Kirchenbücher verweisen auf die Trauung von Friedrich Bruß und Getrud Lippemeier im Jahre 1934, in der Amtszeit des vierten Pfarrers der Gemeinde, Otto Dannert. Am Sonntag nun feiert Getrud Bruß den 85. Jahrestag ihrer Konfirmation. Heute - mehrere Generationen von Pfarrern später - heißen die Seelsorger der Gemeinde Superintendent Manfred Rekowski und Pfarrer Jörg Wieder.
An die vielen Pfarrer, die sie in "ihrer" Gemeinde erlebt hat, kann sich die 99-Jährige sich noch gut erinnern: "Pfarrer Dannert war immer etwas reserviert. Am angenehmsten war Pastor Heimer. Das haben wir alle sehr bedauert, als der ging."
"Meine Tante aus Amerika war zu Besuch und hinterher wurde richtig gefeiert", erinnert sich die rüstige Dame an ihre Konfirmation. Zu diesem Zeitpunkt wohnte ihre Familie nur wenige Häuser von der Kirche entfernt. Auch Klärchen, Martha, Willi und Ewald aus der Nachbarschaft waren bei der Konfirmation dabei, mit einigen von ihnen war Bruß auch im Nächstebrecker Turnverein. "Ich hatte viele Freunde in der Gemeinde, wir waren alle regelmäßig in der Sonntagsschule. Viele von denen leben heute leider nicht mehr" , sagt die alte Dame, die zwei Weltkriege miterlebt und ihren Bruder in Stalingrad verloren hat.
Noch heute ist sie immer mit von der Partie, wenn in der Gemeinde etwas los ist. "Sie war eine der ersten, die zur Jubiläumsfeier der Konfirmation zugesagt hat. Von einigen Jüngeren habe ich eine Absage bekommen", sagt Presbyterin Inge Kuhlmann lachend. Mit einigen Bekannten, die auch alle in der Nähe der Kirche wohnen, trifft sich Getrud Bruß regelmäßig zum Kaffeeklatsch, früher gehörten die Fahrten mit der Frauenhilfe fest zum Programm.
Noch immer wohnt die alte Dame alleine in ihrer Wohnung in Nächstebreck, geht selbstständig einkaufen und kümmert sich um die Grabstellen ihrer Lieben - ihre Eltern, ihr Bruder und ihr vor 25 Jahren verstorbene Mann ruhen auf dem kleinen Friedhof Bracken, gegenüber der Kirche. Nur nach einem Knöchelbruch zog Bruß, die zwei Enkel und vier Urenkel hat, vorübergehend zu ihrer Tochter, die in von Heidelberg lebt.
"Meine Mutter hat darauf hingearbeitet, pünktlich zur Jubelkonfirmation wieder fit zu sein und sie hat es geschafft", sagt Tochter Gertrud Frenzel (71). Auch der Nächstebrecker Turnverein spielt für ihre Mutter immer noch eine große Rolle, einmal in der Woche geht’s mit dem Bus zum Sport - auch jetzt, wo der Knöchel wieder verheilt ist. Wie sie sich so fit gehalten hat? "Ich kann es selbst nicht begreifen", sagt Bruß schmunzelnd. "Ich habe mich immer gerne um den Garten gekümmert, habe geturnt und bin früher viel gepaddelt."