Hat Sondern ein explosives Erbe?
Bis in die 1920er Jahre lag auf dem Grundstück der heutigen Siedlung eine Sprengstofffabrik. Stadt prüft nach.
Wuppertal. Die Diskussion birgt Zündstoff. Schließlich geht es um die ehemalige Sprengstofffabrik in Sondern. In den 1920er Jahren soll die in die Luft geflogen sein, ab 1933 wurde dann auf dem Areal gebaut. Viel mehr ist eigentlich nicht bekannt, und bis jetzt war das Thema eigentlich auch keins. Doch im Zuge des Bebauungsplanes für den Sportplatz Albertshöhe muss das Gelände auf Altlasten untersucht werden — und dabei stieß die Verwaltung auf das womöglich explosive Erbe.
Bisher habe man alte Unterlagen und Berichte über die Fabrik zusammengetragen, erklärte Birgit Maus von der Unteren Bodenschutzbehörde kürzlich in der Bezirksvertretung (BV) Langerfeld-Beyenburg. Dabei sei besonders das Stichwort TNT von Interesse gewesen. Genaue Aufzeichnungen scheine es zwar nicht mehr zu geben. Bisher sehe es allerdings so aus, dass in Sondern TNT nur gelagert worden sei. Bei einer Produktion wäre die Gefahr einer Bodenbelastung bei weitem höher, so Maus.
Bis zur Klärung des Sachverhalts gilt die Fläche allerdings als altlastenverdächtig. Im März/ April sollen Bodenproben entnommen werden. Wie es dann weitergeht, hängt von den Analyseergebnissen ab. Maus: „Je nach dem, was wir finden, können dann Detailuntersuchungen nötig werden. Vielleicht auch Messstellen für das Grundwasser.“ Man hoffe, die Bürger vor dem Sommer informieren zu können. Sicher sei das aber nicht.
Welche Folgen die Untersuchung für die Bewohner in den zumeist in den 50er-Jahren errichteten Häusern haben werde, das konnte Maus noch nicht beantworten. Das könne man erst nach der Analyse sagen. Denkbar sei alles: keine Folgen, kein selbst gezogenes Obst und Gemüse essen, Boden austauschen. Auch sei es möglich, dass die Ergebnisse einen Flickenteppich an Belastung zeigen, so viel wie der Boden seit den Zeiten der Fabrik bewegt worden sei. Ebenfalls könne noch nichts dazu gesagt werden, ob auf die Bewohner Kosten zukämen, wenn saniert werden müsste.
Etwas kritisch sieht die Siedlergemeinschaft Sondern das Vorgehen der Stadt. Erst sehr kurzfristig sei der Bericht von Birgit Maus in die Tagesordnung der BV aufgenommen worden. „Obwohl ich ein paar Tage vorher noch mit der Stadt Kontakt hatte, hat man mir nichts gesagt. Hätten wir von dem Thema gewusst, wären natürlich auch unsere Mitglieder zur Sitzung gekommen“, erklärt Wolfgang Wolff, Vorsitzender der 1933 gegründeten Siedlergemeinschaft. Ansgar Toennes, Leiter des Umweltamtes, versucht zu beschwichtigen. So soll auf jeden Fall noch eine Infoveranstaltung für die Bürger kommen. Etwa 50 Siedler sind bislang von der Stadt angeschrieben worden.
Auch bei den Siedlern seien die Infos über die Fabrik eher dürftig, räumt Wolff ein. Fotos? Fehlanzeige! Zum 50-jährigen Bestehen hatte Wolffs mittlerweile verstorbener Vorgänger ein paar Fakten zur Siedlungsgeschichte zusammengetragen. Welche Quellen zugrunde lagen, das lasse sich aber nicht mehr nachprüfen, so Wolff. „Er hatte es wohl aus Erzählungen von Zeitzeugen.“ Unter anderem ist in der Festschrift auch von der Explosion der Fabrik die Rede.
Ein Nachfahre eines Teilhabers der Pyros-Feuerwerksgesellschaft, in deren Zeit das Unglück gefallen sein müsste, widerspricht dieser weit verbreiteten Legende. Sein Vater habe ihm erzählt, dass ein anderer Teilhaber damals Feuer gelegt habe. „Explodiert ist da aber nichts.“ Der Brand habe allerdings das Ende für die Firma bedeutet. Maschinen und Material seien an eine Firma in Ronsdorf verkauft worden. Und, das stellt der Senior, der auch in Sondern wohnt, klar: Die Firma seines Vaters habe nur einfache Feuerwerkskörper produziert. Zum Vorgänger, der Dynamit Nobel AG, könne er aber nichts sagen. „Unterlagen habe ich auch nicht mehr.“