Ex-Lebenshilfe-Chef: Landgericht verringert Strafe um vier Monate
Erwin Borkenhagen räumte am Donnerstag viele Fehler ein und wurde rechtskräftig zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.
Wuppertal. Die Fakten sind schnell erzählt: Der Berufungsprozess am Donnerstag gegen den ehemaligen langjährigen Geschäftsführer des Behinderten-Vereins Lebenshilfe, Erwin Borkenhagen, endete mit einer Verurteilung wegen Untreue und Vorteilsgewährung. Das Strafmaß: sechs Monate auf Bewährung. Damit blieb das Landgericht vier Monate unter dem Strafmaß, das das Amtssgericht vor mehr als drei Jahren festgelegt hatte. Und: Der gestrige Richterspruch ist rechtskräftig. Als Auflage muss Erwin Borkenhagen 300 Sozialstunden ableisten oder 3000 EuroGeldstrafe zahlen.
Ist das endlich der Schlussstrich unter den Fall "Borkenhagen und die Lebenshilfe"? Nein. Wie berichtet, droht dem Ex-Chef (58) ein neues Verfahren. In einer mittlerweile zwei Jahre alten Anklage geht es unter anderem wieder um Untreue-Vorwürfe und wieder ist die Lebenshilfe die Geschädigte. Rechnungen sollen fingiert worden sein, Zuschüsse vom Landschaftsverband Rheinland widerrechtlich in Anspruch genommen worden sein. Schaden laut Staatsanwaltschaft: mehr als 40.000 Euro.
Und die Ermittlungsbehörde sieht keine Veranlassung, ihre Anklageschrift zurückzuziehen. Unversöhnlich stehen sich die Fahnder und der langjährige Lebenshilfe-Chef gegenüber. am Donnerstag - man muss das so salopp formulieren - flogen einmal mehr im Gerichtssaal die Fetzen.
Zwar räumte Borkenhagen "Fehler" in der Vergangenheit ein. Eine Rechnung für die Beleuchtung in seiner früheren Reithalle - Höhe: mehr als 8.000 Euro - ließ er über den behindertenverein abrechnen. Minutiös legte das Gericht gestern dar, dass Borkenhagen erst nach der anonymen Anzeige im Jahr 2001 diesen Betrag zurückgezahlt habe. Borkenhagen gestern dazu: "Ich habe zu lange gewartet mit den Zahlungen. Das war falsch."
Trotzdem fühlt er sich verfolgt und ungerecht behandelt. Auch das wurde gestern erneut deutlich. Der Staatsanwaltschaft warf er beispielsweise vor, unbefugt Mitarbeiter auf seinen früheren Privatbesitz geschickt zu haben. "Unverschämtheit", kam es als Replik zurück.
Schmutzige Wäsche wollte der Ex-Chef auf der Anklagebank auch noch waschen. Die anonyme Anzeige, die 2001 die Ermittlungen ins Rollen gebracht hatten, ordnete er einem Ex-Kollegen aus der Chefetage zu, ohne stichhaltige Beweise liefern.
Derzeit verdiene er seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs - etwa dem Verkauf von Kartoffeln, sagte Borkenhagen am Donnerstag vor Gericht. Sein Fazit gestern: "Ich bin fertig." Dass seine Freundin in Westfalen ein Gestüt betreibt und mit seinem Namen wirbt, war gestern nicht Thema der Beweisaufnahme.
Die zweite Anklage ist vom Amtsgericht noch nicht zur Hauptverhandlung zugelassen.