Wuppertal Im Nachtclub Maxim waren die Nächte sehr lang

Viele Leser erinnerten sich noch an Anekdoten aus dem Nachtclub — darunter auch ehemalige Mitarbeiter.

Wuppertal: Im Nachtclub Maxim waren die Nächte sehr lang
Foto: Fischer

Zentrum. „Ja, damals gab es noch die Libelle, das La Femme, die Femina-Bar, den BB-Club, die Oase“, gerät Taxifahrer Peter Goldschmidt ins Schwärmen, wenn er die Perlen in Wuppertals üppigem Nachtleben während der 50er bis Anfang der 80er Jahre aufzählt. „Und vor allem das Maxim“, an das Erinnerungen wach wurden, nach dem in der WZ erschienenen Artikel über das legendäre Vergnügungslokal auf der Kirchstraße in Elberfeld, genau gegenüber der evangelischen Kirche.

„Da haben wir Taxifahrer uns oft in der Pause zwischen drei und vier Uhr in der Früh getroffen und an der Bar einen Kaffee getrunken“, so Goldschmidt, der die attraktiven Aktricen nach Dienstschluss („Zum Personal-Tarif selbstverständlich“) auch oft nach Hause brachte. „Es war immer ein Highlight, wenn wir die Treppe hinunter ins Maxim gingen.“ Freundlich empfangen von Toni Otto, dem aus Gelsenkirchen stammenden Schalke-Fan, dem Inhaber des Nachtlokals, in dem sich höchst ansehnliche junge Damen zu musikalischer Begleitung ihrer Textilien entledigten.

Gerd Berendonk (78) war einer, der dazu die Klaviermusik lieferte. Und die war manchmal recht kultiviert. „Da habe ich dann Chopin gespielt“, erklärt der Pianist, der sich im Keller in der Kirchstraße das Geld fürs Konservatorium verdiente. „Je älter die Stripperin, desto anspruchsvoller die Musik“ was den einen oder anderen Klavierspieler im Maxim überforderte. „Dann ist Herr Otto immer zu mir auf den Ölberg gekommen und hat mich engagiert und auch prompt bezahlt“, sagt der damalige kaufmännische Lehrling.

„Mein Chef war Stammgast, aber davon durfte seine Frau natürlich nichts wissen. Da hat er auch mal darüber hinweg gesehen, wenn ich nach meinem nächtlichen Einsatz tagsüber ein bisschen müde war.“ Berendonk war damals übrigens erst 17 Jahre alt und wundert sich noch heute: „Das Ordnungsamt hat oft im Maxim kontrolliert, aber mich offenbar immer übersehen.“

Fußball-Fan Toni Otto freut sich natürlich auch immer, wenn er Gäste vom WSV begrüßen konnte, und bei dem damaligen Trainer Robert „Zapf“ Gebhardt hatte er oft Grund zur Freude, denn der war ebenfalls Stammgast. Als Trainer ein eisenharter Schleifer, war der knorrige Franke ein großer Verehrer weiblicher Schönheit und kam dabei im Maxim voll auf seine Kosten.

Die Damenwelt schätzte seinen rustikalen Charme und seine Großzügigkeit. Mit ihm ergötzten sich auch Mitglieder des WSV-Vorstands am Strip der jungen Tänzerinnen. „Je nachdem, wie spendabel die Herren waren, ließen die Mädels auch schon mal die letzten Hüllen fallen“, weiß Elke Josting (76), die seinerzeit die Getränke-Bons kontrollierte. Sie beeilt sich aber zu sagen: „Das Maxim hatte nichts mit einem Abschlepp-Schuppen oder gar Bordell-Betrieb zu tun. Zimmer oder Separees gab es nicht“, stellt sie unmissverständlich fest. Gern erzählt sie auch noch von Toni Ottos zweiter Frau, der Schlager-Sängerin Nora Nova, die zwar mit „Man gewöhnt sich so schnell an das Schöne“ beim Grand Prix punktlos auf dem letzten Platz landete, aber dem Barbesitzer den Kopf verdreht hatte. „In Düsseldorf haben sie dann geheiratet und im Breidenbacher Hof gefeiert. Und Noras kleiner weißer Hund bekam als Festessen ein halbes Pfund Rohgehacktes.“

Nicht nur Nora Nova, auch die bekannte Chansonette Brigitte Mira ließ im Maxim ihre Stimme erschallen. „Da gab es jeden Monat wechselndes Programm mit einem Musik-Duo oder Trio, Gesangsauftritten und natürlich immer ein, zwei Tänzerinnen“, so Gast Franz Ertel, der bisweilen auch von wohlhabenden Tiefbau-Unternehmern eingeladen worden war, denen die Mark höchst locker saß. „Wenn sich dann die Bardamen bei uns auf den Schoß setzten, dann wurde statt Herrengedeck (Pils und Piccolo) Sekt in Flaschen serviert, und so eine Zwischenabrechnung lief dann auch mal über 700 DM“, denkt der einstige Gast wehmütig an feucht-fröhliches Miteinander im Maxim zurück.

Ohne Wehmut dürfte Toni Otto an seinen Büffetier Willi Kraus zurück gedacht haben. Der war zwar ein schussgewaltiger Stürmer bei Schalke 04, hatte aber einen Hang zu vielen Dingen, die laut Strafgesetzbuch verboten sind. Toni Otto wollte dem von Schalke entlassenen „Bomber“ eine neue Chance geben, stellte ihn ein und vermittelte ihn zum WSV, wo er jedoch kein Spiel machte, stattdessen lieber den Barfrauen nachstellte und seinen kriminellen Neigungen frönte. Der 2008 verstorbene Torjäger, an dem auch der Bewährungshelfer Toni Otto verzweifelte, hatte bis zu seinem Tod rund zwei Jahrzehnte hinter schwedischen Gardinen verbracht

Toni Otto, dem alle Befragten Korrektheit und angenehmes Auftreten bescheinigen, ist gleichfalls lange tot, und vom Maxim existiert nur noch die Leuchtreklame: eine wohlgeformte, Federschmuck geschmückte Tänzerin am Eingang zum verwaisten Keller, der nur noch als Abstellraum dient. Und die anfangs genannten Bars und Vergnügungslokale existieren auch nur noch in seliger Erinnerung inzwischen bejahrter Herren.