Wuppertal Muslimischer Friedhof: Anwohner haben Bedenken
Einige Nachbarn kritisieren die bisher bekannten Pläne. So sei der Abstand zu ihren Grundstücken zu gering. Jetzt haben sie einen offenen Brief unter anderem an Oberbürgermeister Mucke geschrieben.
Elberfeld. Die Anwohner des Wohngebiets am Bodelschwinghweg sind in Sorge. Etwa vier Meter von ihren Gartentörchen entfernt soll der neue muslimische Friedhof entstehen. In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Andreas Mucke, das Amt für Grünflächen, das Evangelische Verwaltungsamt und den Verein Muslimische Friedhöfe Wuppertal formulierten sie jetzt ihre Befürchtungen.
Zwar waren die Anwohner zu sämtlichen Info-Veranstaltungen des Projekts — in dessen Planung auch Studenten der Bergischen Universität eingebunden waren — eingeladen. Was sie konkret erwarten wird, wüssten sie aber noch nicht. Können sie auch nicht, denn erst Ende des Monats soll der erste Entwurf des vom muslimischen Friedhofsvereins beauftragten Planers vorliegen.
Fest steht aber, dass am Rande des etwa 20 000 Quadratmeter großen Grundstücks ein vier Meter breiter, begrünter Streifen eine Abgrenzung zu den Wohnhäusern darstellen soll. „Viel zu schmal“, kommentiert Anwohner Arno Eichhorn. „Das Gelände ist außerdem so abschüssig, dass wir immer auf die Gräber schauen werden, egal, wie hoch die Begrünung werden soll.“ Er betont, dass es ihm und seinen Mitstreitern ganz egal sei, welcher Religion der geplante Friedhof angehöre. In ihrem Brief äußern die Anwohner jedoch Bedenken ob der „teilweise lauten Beerdigungszeremonien“ und großen Teilnehmerzahlen.
Das kann Mustafa Temizer, Vorsitzender des Vereins Muslimische Friedhöfe Wuppertal, entkräften: „Unsere Bestattungen haben keinen lauten Charakter, sie gehen ruhig vonstatten.“ Er sei jedoch auch schon auf einer Beerdigung mit 300 Gästen gewesen — und diese vielen Menschen sorgten zwangsläufig für eine gewisse Geräuschkulisse. In dem Schreiben formulieren die Nachbarn das Ärgernis, künftig auf tausende von Gräbern schauen zu müssen. Mustafa Temizer spricht von etwa 800, die im Laufe der Zeit dort entstehen können.
Julia Vollmerhausen wohnt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern seit acht Jahren am Bodelschwinghweg. Wenn sie jetzt aus dem Esszimmerfenster blickt, sieht sie den überwucherten Streifen Land, der bald Friedhof werden soll. „Ich hoffe einfach, dass nicht nur der Randstreifen, sondern auch der Friedhof ausreichend begrünt wird. Die Vorstellung, nur noch auf Gräber zu schauen, finde ich unschön.“ Weiter unten, an der Krummacher Straße, gebe es Anwohner, die sich weniger an den Plänen stören, so Vollmerhausen. „Deren Häuser stehen aber auch nicht so am Hang, dass sie quasi einen Panoramablick auf den künftigen Friedhof haben.“
Temizer versichert, dass der Friedhof parkähnlich geplant werde und nicht, wie in dem Brief befürchtet, einem Soldatenfriedhof gleichen wird. Außerdem verspricht der Verein, die Abgrenzungsbegrünung individuell mit den Anwohnern abzusprechen — um auf jeweilige Wünsche einzugehen. „Allen können wir es aber wahrscheinlich nicht bis ins letzte Detail recht machen.“
Das Gelände ist seit jeher als Friedhofserweiterungsgebiet für den Evangelischen Friedhof vorgesehen, so steht es auch im Bebauungsplan. Das war auch schon so, als vor 20 Jahren die Einfamilienhäuser am Bodelschwinghweg gebaut wurden. Der Eigentümer, das evangelische Verwaltungsamt, brauchte den Platz aber nicht. 2008 wurde dann der jüdische Friedhof auf einem Teil des Geländes angelegt, die Gräber rückten näher an die Wohnhäuser heran.
Es blieb der etwa 40 Meter breite Streifen Grün, der jetzt zum muslimischen Friedhof ausgebaut werden soll. „Wir sind davon ausgegangen, dass mit dem Reststück zu unseren Grundstücken hin dann auch nichts mehr passiert“, so Eichhorn. „Zumal die Festlegung von vier Metern Abstand noch aus den 70er Jahren stammt, als es hier noch keine Häuser gab. Das hätte angepasst werden müssen und ist ein Versäumnis der Stadt.“
Die sieht das anders: „Drehen Sie das Argument doch einmal rum: Das Wohngebiet wurde ja mit Berücksichtigung dieses Bebauungsplans am Rande dieses Friedhofserwartungsgebiet errichtet“, erklärt Annette Berendes, Leiterin des Amtes für Grünflächen. „Das wäre nicht passiert, wenn irgendetwas in unrechtmäßigen Zuständen geplant wäre.“ Sie hält die vier Meter Abstand für ausreichend. „An anderen Friedhöfen, etwa an der Brändströmstraße und der Hochstraße, gibt es noch weniger Abstand zwischen Friedhof und Wohnen und die Leute blicken dort auch auf die Gräber.“ Sie könne die Sorgen über die Veränderungen zwar verstehen, glaube aber, dass das Resultat weit weniger schlimm sein wird, als es jetzt befürchtet werde.
Eichhorn und seine Nachbarn sind davon überzeugt, dass andere Grundstücke besser geeignet gewesen wären. Auch für die Trauernden. „Ich kann mir schon vorstellen, dass die Trauergäste sich gestört fühlen, wenn ein paar Meter weiter jemand eine Grillparty macht und es nach Schweinefleisch riecht“, glaubt Eichhorn. Andererseits möchten die Anwohner auch ungern mögliche Bestattungen im Leichentuch sehen. Samstags und sonntags werden allerdings keine Bestattungen stattfinden, so Temizer.
Die Anwohner befürchten auch ständigen Lärm durch Grab- und Parkpflegearbeiten. „Es ist ja jetzt schon oft laut in unmittelbarer Nähe zu zwei Friedhöfen. Der Rasenmäher läuft andauernd. In Zukunft haben wir dann wohl gar keine Ruhe mehr“, sagt Eichhorn. Berendes: „Der Rasen wird zu Arbeitszeiten je nach Methode alle drei bis vier Wochen gemäht. Die Gräber werden mit einem sehr kleinen, wendigen Bagger ausgehoben, das ist kein schweres Baustellengerät. Dass Anwohner eines Friedhofs sich über Lärmbelästigung beklagen, wäre mir neu.“