Velbert: Salvatore Landollina wird Karfreitag zum Judas

Salvatore Landollina aus Velbert stellt in der Elberfelder Karfreitagsprozession den Judas dar.

Velbert/Wuppertal. Salvatore Landollina ist 39Jahre alt, wohnt mit seiner Frau Silvana und seinen beiden Kindern (zehn und 14Jahre) an der Nevigeser Straße und ist eigentlich ein fröhlicher Mensch.

Morgen allerdings schlüpft der gebürtige Sizilianer in eine Rolle, die seinem aufrichtigen Naturell sehr zuwider läuft. Gegen 15Uhr wird er sich in Wuppertal in der Sophienkirche in ein Gewand hüllen, das, der Optik nach zu urteilen, mehr als 2000Jahre alt ist.

Im Anschluss ist er dann nicht mehr Salvatore Landollina, sondern Judas Ischariot - der Verräter Jesu, der die Kreuzigung des Gottessohns eingeleitet hat.

Dieser Verrat ist die erste Szene der traditionellen Karfreitagsprozession, die die Missione Cattolica Italiana (katholische italienische Gemeinde) in Wuppertal dieses Jahr zum 29.Mal veranstaltet - und damit stets Tausende Besucher anlockt.

Vom Deweerthschen Garten zieht sie durch die Elberfelder Fußgängerzone bis zur Hardtanlage, wo zwei bis drei Stunden später die Schluss-Szene eingeläutet wird: Jesu Kreuzigung. "Wenn ich mich in die Rolle des Judas hineinversetze, staune ich, was für Auswirkungen eine einzige Tat auf die ganze Menschheit hatte", sagt Landollina.

Seit fünf Jahren ist er Mitglied der Gemeinde, genauso lange spielt er als einer der rund 80Darsteller bei der Prozession mit. Die Judas-Rolle nehme niemand mit großer Freude an, bekennt er.

"Aber einer muss es ja machen." Schließlich habe Judas in der Passion Christi eine entscheidende Funktion: "Ohne ihn geht es nicht." In seiner bisherigen Darsteller-Laufbahn hat der 39-Jährige bereits Soldaten und einen Apostel gemimt. "Das habe ich sehr gerne gemacht."

Die Karfreitagsprozession ist wegen ihres Umfangs die größte öffentliche Veranstaltung der Missione Cattolica Italiana, in der seit Ende 2005 Wuppertal und der Kreis Mettmann zusammengeschlossen sind.

Bis zu 250 Gäste werden zur jährlichen Marienwallfahrt am 1.Mai erwartet - deswegen ist die Veranstaltung aber nicht weniger intensiv. In der Wuppertaler Gemeinde Christkönig (Nevigeser Straße 302) treffen die Gemeindemitglieder um 15Uhr zusammen und pilgern über die Felder zum Nevigeser Dom.

Während der etwa drei Stunden langen Wanderung tragen sie abwechselnd eine Marien-Statue aus Italien vor sich her, singen Lieder und beten während des Weges. Die Wallfahrt endet um 18.30Uhr mit einer Messe im Dom.

Salvatore Landollina genießt das Gemeindeleben, das für ihn Ähnlichkeit mit einem großen Familientreffen hat. Jede zweite Woche besucht er den Gottesdienst in Velbert, ist aber auch in der Wuppertaler Gemeinde aktiv.

"Ich bin damit aufgewachsen, dass wir jeden Abend ein Ave Maria oder ein Vaterunser gebetet haben. Heutzutage sind die Kinder das generell nicht mehr so gewohnt." Seinen eigenen allerdings vermittelt der Vater, der vor rund 30Jahren nach Deutschland kam, traditionelle Werte.

"An besonderen Tagen gehen wir alle zusammen in die Kirche. Und ich hoffe auch, dass sie eines Tages verstehen, dass Ostern nicht nur Geschenke bedeutet." Wesentlich wichtiger sei das Beisammensein innerhalb der Familie, Verwandte wiederzusehen und Bindungen aufrecht zu erhalten.

Bedauerlich findet es Landollina, dass in Velbert vergleichsweise wenige religiöse Feste gefeiert werden. Den eigenständigen Zweig der italienischen Gemeinde vor Ort gebe es seit vier Jahren nicht mehr, die Veranstaltungen seien ausgedünnt.

"In den Dörfern Süditaliens - seien sie noch so klein - sind die Straßen voll, wenn für einen Schutzpatron eine Prozession veranstaltet wird. Und davon gibt es sehr viele."

Hätte er lieber zu Zeiten Christi gelebt? Der Velberter lächelt: "Hätte Gott das gewollt, hätte ich die Zeit miterlebt. Jede Epoche hat ihre guten, aber auch ihre schlechten Zeiten."