Zooviertel: Eine Zeitreise zwischen Wald und Eisenbahn
Warum das Zooviertel immer noch den Geist der Gründerzeit ausstrahlt.
Elberfeld. Während andere die knarrende Holztreppe hinaufsteigen, klammert sich Nastassia Nowak am Geländer fest. Eben noch haben sie und zwölf weitere Wuppertaler geschmunzelt, als Manfred Alberti von Schutzhelmen gesprochen hatte. „Was ist mit Sicherheitsgurten?“, wurde am Fuß der Hauptkirche Sonnborn gescherzt. Doch zwei Etagen höher müssen sich alle durch enge Gänge vorbei an niedrigen Decken und Kirchenglocken aus dem 15. Jahrhundert drängen. „Schon ein bisschen abenteuerlich“, sagt Nastassia Nowak lächelnd. Auf sie und die anderen Teilnehmer wartet am Ende des Aufstiegs ein erster Höhepunkt des heutigen Stadtrundgangs durch das Zooviertel: ein Panoramablick über Sonnborn vom Kirchturm.
Die Spurensuche durch den Stadtteil leiten Arno Mersmann und der ehemalige Sonnborner Pfarrer Manfred Alberti. Beim Blick von oben wird der Zoo vom Wald verschluckt, doch die Königshöhe, das Stadion und denn Sonnborner Viadukt, in dieser Ausführung eine der ersten Eisenbahnbrücken Deutschlands, erkennt die Wandergemeinschaft genau. „Wuppertal war europaweit als industrielles Zentrum bekannt. So hatte man 1841 den Sohn des englischen Eisenbahnbauers Stephenson hierher geholt, der die Planung der Brücke durchführte“, erklärt Arno Mersmann mit Blick auf den Sonnborner Viadukt, der 1911 durch die heutige Brücke ersetzt wurde.
Nastassia Nowak, Teilnehmerin des Rundgangs, mit Blick auf das Zooviertel.
Rechts davon zieht sich eine imposante Häuserreihe durch die Landschaft. Mersmann erklärt ihre Bedeutung: „Im Zentrum des Zooviertels stehen riesige Villen. Dort haben die sogenannten Neureichen — Künstler und Kulturschaffende — gelebt. Die Häuserreihe sollte vom Lärm und Gestank der Eisenbahn abschotten.“ Zweiklassengesellschaft, in Stein zementiert.
Nach dem Blick vom Turm folgt der Gang zu den Villen selbst. Das Besondere: Da das Zooviertel unter Denkmalschutz steht und auch Straßenzüge, Gärten und Alleen erhalten worden sind, tauchen die Teilnehmer des Rundgangs in ein beinahe lebendiges Jahr 1890 ein — den Entstehungszeitpunkt des Viertels. „Alles ist in seinen Strukturen erhalten“, sagt Arno Mersmann und verrät: „Das war das erste Viertel der Stadt, das von Grund auf geplant wurde.“
Am schönen Märchenbrunnen vorbei geht es zu den großen Wohnstätten einer anderen Zeit, noch heute eines der edelsten Wohngebiete Wuppertals. Die Gruppe streift etwa die ehemalige Gerhard-Domagk-Villa direkt gegenüber dem Zoo oder die prächige Villa Hörlein, die heute die Technische Akademie beherbergt.
Nicht nur Nastassia Nowak ist von dem Villenviertel begeistert: „Ich bin erst vor kurzer Zeit umgezogen und wollte daher ein bisschen mehr über meine Umgebung erfahren.“ Ihr Fazit? „Wunderschön“, sagt sie — und lässt einmal mehr ihren Blick auf die mächtigen Jugendstil-Fassaden schweifen.