Alfred Geiß (85) läuft und läuft und läuft
Der 85-Jährige hält sich und viele Mitstreiter seit Jahren auf Trab.
Ronsdorf. Morgens um Viertel vor sechs wird Alfred Geiß schon etwas unruhig. Wenig später wird der Ronsdorfer seine Laufschuhe anziehen und auf der zehn bis 15 Kilometer langen Laufstrecke seiner Leidenschaft nachgehen. Im Januar ist das Laufunikum 85 Jahre alt geworden.
„Ich habe einfach mein ganzes Leben lang Lust, mich in der freien Natur zu bewegen. Wenn ich laufen kann, ist der Tag für mich gerettet“, sagt der durchtrainierte Ruheständler. Ob Volksläufe, Halbmarathon in Paris, Berlin-Marathon oder sein letzter großer Wettkampf, der Remscheider Röntgenlauf, den er im stolzen Alter von 77 Jahren locker mitlief, und bei dem er so manchen „Jungspund“ auf die Plätze verwies.
Für Alfred Geiß zählt: „So lange mich meine Füße tragen, werde ich laufen“, wie Ende des vergangenen Jahres beim neun Kilometer langen Silvesterlauf in Ronsdorf, veranstaltet von seinen BSG Kabelwerke Reinshagen (heute BSG Delphi Draka).
Alfred Geiß selbst erinnert sich an die 100 Kilometer-Läufe in der Schweiz oder Etappen über 75 Kilometer in Belgien: „Es hatte mich einfach der Ehrgeiz gepackt. Und während der Ölkrise sind wir sonntags, am Auto freien Tag, über die Autobahn von Ronsdorf nach Remscheid und zurück gelaufen.
Es gibt kaum ein Fleckchen im Bergischen Land, das Alfred Geiß nicht abgelaufen ist: Ronsdorfer und Herbringhauser Talsperre, Marscheider Wald, Gelpe oder Im großen Holz sind seine Hausstrecken, die er kennt, „wie seine Westentasche“.
Als er in seiner ländlichen Heimat im Hunsrück bereits mit zehn Jahren in der als Schwerathletik bezeichneten Disziplin Ringen die Gegner auf die Matte legte und beruflich 1950 zum zweiten Mal bei den Kabelwerken Reinshagen „landete“, war dem damals ambitionierten Feldhandballer und Tischtennis-Spieler die Affinität zum Laufsport noch nicht bewusst.
„Durch meine Firma, die für mich wie eine Familie war, habe ich die Leidenschaft erst entwickelt“, sagt der seit 54 Jahren glücklich mit seiner Margret verheiratete und ausgeglichene Rentner. „Ich fühle mich durch das Laufen wohler und meine Frau, die gerne Hand arbeitet, profitiert auch davon — denn wir lassen uns beide unsere Freiheit.“ Demnächst hat Alfred Geiß den nächsten Coup geplant — mit seinen beiden Enkelsöhnen: „Meine Frau weiß noch nichts davon, aber ich werde mit dem Fahrrad 230 Kilometer in meine Hunsrücker Heimat fahren und ihnen meine Wurzeln zeigen“, schmunzelt Geiß, der neben dem Laufen auch seine Zweirad-Leidenschaft auslebt. Da „baldowert“ er auch gerne einmal mit Freunden 100 Kilometer-Touren aus.
Begonnen hatte alles Anfang der 1970er Jahre ganz harmlos mit dem Satz eines Arbeitskollegen: „Wir können ja mal wandern gehen.“ Alfred Geiß wird weiterlaufen, das ist gewiss.