Stell Dir vor, hier wäre Krieg

Das Kinder- und Jugendtheater zeigt ein Stück über eine deutsche Familie, die in ein fremdes Land flieht.

Foto: Karola Brüggemann

Wuppertal. Es beginnt martialisch: Man hört das Krachen von Bomben, Schreie von Menschen. Es ist Krieg. In Deutschland. Eine Familie schlägt sich durch und beschließt dann, zu fliehen. Wie es ihr dabei ergeht und wie sie versucht, in Afghanistan ein neues Leben zu beginnen, erzählt das Stück „Krieg — stell dir vor, er wäre hier“ des Kinder- und Jugendtheaters, das am Samstag Premiere hat.

Es beruht auf einem Buch der dänischen Autorin Janne Teller, das inzwischen als Jugendbuchklassiker gilt und in Dänemark zum Schulstoff gehört. „Ich fand den Text so toll“, erklärt Regisseur Lars Emrich. Ihn reizte die Idee, die Rollen umzukehren: Menschen, die unter der deutschen Bürokratie leiden, mal diejenigen sein zu lassen, die am Schreibtisch Entscheidungen treffen. „Dieser Rollentausch hat uns auch großen Spaß gemacht.“ Denn bei der Inszenierung machen auch vier Jugendliche mit, die selbst eine Fluchtgeschichte hinter sich haben.

Drita (15) aus dem Kosovo, Behzad (19), Hosein (17) und Rahmatullah (18) aus Afghanistan haben großen Spaß am Theater. „Man lernt viel über die Kultur und die Menschen“, sagt Behzad.“ Auch ihre Sprache verbessere sich: „Ich lerne jeden Tag ein neues Wort“, sagt Rahmatullah. Sie freuen sich zudem über den Kontakt zu den anderen Mitwirkenden.

Zweieinhalb Monate hat das neunköpfige Ensemble geprobt und dabei auch besonders viel diskutiert. Über solche Fragen wie Was ist Heimat? Was würde ich mitnehmen, wenn ich fliehen muss? Was würde ich am meisten vermissen? Schauspieler Yannick Bartsch erinnert sich: „Wenn da einer sagt, ich vermisse meinen Papa, den habe ich zwei Jahre nicht gesehen — dann ist das schon bewegend.“

Dialoge zu solchen Fragen unterbrechen die Handlung, die Schauspieler treten aus ihren Rollen heraus und geben auf diese Weise dem Stück auch eine persönliche Ebene. Einer der geflüchteten Jugendlichen wird seine Geschichte erzählen.

Dazwischen geht die Handlung weiter. In dem abstrakten Bühnenbild von Laurentiu Tuturuga, das an tote Bäume erinnert, kommt die Familie mit zwei jugendlichen Kindern in Afghanistan an, ist hilflos ohne Sprachkenntnisse. Selbst die freundlichen Worte hilfsbereiter Menschen können sie nicht verstehen. Als sie beginnen, sich im Lager einzurichten, müssen sie umziehen, in ein neues Lager, von vorn beginnen. Sie erhalten keine Aufenthaltsgenehmigung, deshalb können die Kinder nicht zur Schule gehen. Selbst als sie sich einigermaßen eingewöhnt haben, fühlen sie sich fremd.

Dass das Stück die Situation von Geflohenen gut wiedergibt, bestätigt Rahmatullah: „Es ist schwierig“, sagt er ernst. Und erzählt im nächsten Moment mit glänzenden Augen, dass er in einer Szene auch seine Kung Fu-Künste auf der Bühne zeigen darf.