Prozess Angeklagter spricht über Motiv

Wuppertal · Auftakt im Prozess um Bluttat in der Kleingartenanlage im Springen.

Zum Prozessauftakt klärte der Angeklagte über die vermeintlichen Hintergründe der Tat auf.

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Im Fall um den gewaltsamen Tod eines 58-Jährigen in der Kleingartenanlage Springen im Mai 2019 hat sich der Angeklagte beim Prozessauftakt am Donnerstag umfassend zu den Tatumständen geäußert. „Ich hab alles nur gemacht, um meine Familie zurückzubekommen. Ich war auf einer Reise und musste Aufgaben erfüllen, damit sie wieder zu mir zurückkommt“, erklärte der 33-Jährige.

Er sei schon lange vor der Tat in der Drogenszene gewesen, habe regelmäßig Alkohol getrunken und sich mit 1,50-Euro-Jobs und Sozialhilfe über Wasser gehalten. Als er 2014 mit seiner damaligen Freundin in Bochum wohnte und sie gemeinsam ein Kind erwarteten, fühlte er sich zu Hause „eingesperrt“, hatte keine Freunde und keinen Halt außerhalb der Beziehung, berichtete er.

In dieser Zeit sei er körperlich und psychisch in einer miserablen Phase gewesen, dazu übergewichtig und verwahrlost. Außerdem litt er an regelmäßigen Wahnvorstellungen. Seine Paranoia sei schließlich immer extremer geworden, so dass er regelmäßig gedacht habe, jemand wolle ihn töten.

In den Tagen vor der Tat habe er weitere „Aufgaben“ erfüllen müssen, so erzählt er, wie zum Beispiel oberkörperfrei auf ein Baustellengerüst zu klettern, nach Leverkusen zu fahren, um ein Fluchtauto für die Familie zu finden oder eben auch zu der Gartensiedlung zu gehen, in der er und seine Freundin „einen der schönsten Tage ihres Lebens“ verbracht haben: die Kleingartenanlage im Springen.

Gutachter sieht keine
psychische Erkrankung

Dort traf er am Abend des 28. Mai 2019 zufällig auf das Opfer, das ihn in einem kurzen Gespräch zu sexuellen Handlungen überredet haben soll. Nachdem diese vollzogen waren, soll das Opfer anzügliche Bemerkungen zu drei jungen Mädchen gemacht haben, die er zuvor auf dem Parkplatz der Anlage beobachtet habe.

Daraufhin habe der 33-Jährige erst mit der Faust und später mit einem Rohr auf den 58-jährigen Mann eingeschlagen. Die Frage des Gutachters, ob die Tat etwas mit den Aufgaben, die er angeblich für seine Familie erledigen musste, zu tun hatte, verneinte der Angeklagte. Er habe zugeschlagen, weil er sich „selbst wieder vergewaltigt gefühlt hat“ – er sei als Kind missbraucht worden. Während der Schläge und Tritte, so der Angeklagte, habe er sich wie in einem Beiwagen eines Motorrads gefühlt – als wäre er nicht er selbst.

Der Gutachter befand den Angeklagten trotz allem nicht für psychisch krank: „Alle seine Taten waren bewusstseinsnah und nicht wirklich verrückt.“ Im weiteren Prozessverlauf soll es noch einmal um die Vergangenheit des Angeklagten gehen.