Die Braut, die sich doch traut Trotz schwerer Verletzung: Wuppertaler Klinik-Team ermöglicht Hochzeit
Wuppertal · Wenige Tage vor ihrer Hochzeit musste Alexandra Bruch operiert werden – die Pflegerinnen sorgten dafür, dass sie trotzdem vors Standesamt konnte.
Wer von Aufenthalten in einer Klinik erzählt, von Verletzungen oder einer Operation, der spricht oft von Medikamenten, von Schmerzen, von Angst, Zweifeln und Machtlosigkeit. Davon, dass man weggerissen wird aus dem Alltag, aus dem Leben und vielleicht auch aus dem, was man Glück zu nennen scheint. Es gibt allerdings auch Geschichten, die beginnen mit genau diesem Schmerz und enden mit genau diesem Glück. In der Klinik. Und über die Flure der Klinik hinaus. Weil es Menschen gibt, die trotz der hohen Belastung in Pflege und Medizin den Anspruch haben, Patienten mehr zu schenken, als die Kassenleistung vorschreibt. Solch eine Geschichte erlebte die Wuppertalerin Alexandra Bruch Anfang des Monats. Und das wenige Tage vor ihrem lang ersehnten Ja-Wort.
Katastrophe beim Festival
auf dem Laurentiusplatz
Es fing alles so schön an. Beim Street-Food-Festival auf dem Laurentiusplatz. Es war der 1. Juni und Alexandra Bruch feierte dort ihren Jungesellinnenabschied. „Wir waren mit einem Hochzeitsbus gekommen, 14 Frauen. Wir standen vor der Kirche, als eine Freundin von hinten auf mich gestolpert ist“, erinnert sich die 53-Jährige. „Ich bin zu Boden gefallen und dann war es passiert. Man konnte sagen: Mein Fuß lag quer auf der Straße, da war mir klar: Das wird heute nichts mehr.“ Ein Krankenwagen brachte sie ins Agaplesion Bethesda Krankenhaus.
„Ich dachte mir: Die renken das jetzt ein und am Mittwoch gehe ich wieder nach Hause.“ Denn fünf Tage später stand die standesamtliche Trauung mit ihrem Verlobten Christian an. „Mein Mann und ich sind jetzt über zwölf Jahre zusammen“, erzählt Bruch. „Der 6. Juni 2024, das war unser Datum, das hatten wir uns extra ausgesucht.“ Aber da mussten ihr die Ärzte leider eine Absage erteilen. Ihr Fuß war mehrfach gebrochen. „Ich war total aufgelöst und habe nur noch geweint.“ Noch in derselben Nacht wurde der komplizierte Bruch in einer mehrstündigen Operation vom Team der Unfallchirurgie des Traumazentrums operiert.
„Durch den Unfall hätte ich die Trauung absagen müssen. Das Krankenhaus zu verlassen, stand aber nicht zur Option.“ Doch dann kamen Krankenschwester Monika Röhrken und das Pflegepersonal der Station 4A ins Spiel. Das Schicksal der „verhinderten Braut“ ging ihnen so nahe, dass sie unbedingt eine Lösung für sie finden wollten. Alexandra Bruch und Schwester Monika sprachen mit den behandelnden Ärzten, die einem Krankentransport zustimmten – am 6. Juni ins Standesamt im Barmer Rathaus, damit die Traumhochzeit trotz der Umstände doch noch stattfinden konnte. Monika Röhrken fragte einen Fahrdienst an, der Bruch im Rollstuhl nach Barmen und wieder zurückbringen sollte.
„Nicht alle Ärzte und Pfleger sind so menschlich, dass sie so etwas ermöglichen“, betont die 53-Jährige. Gerade deshalb sei es ihr wichtig, das Engagement der Station hervorzuheben. „Ich war gerührt von so viel Menschlichkeit, die mir hier entgegengebracht wurde“, so die Patientin. Der Nachtdienst hatte ihren Rollstuhl mit einer riesengroßen Schleife dekoriert. Am Hochzeitsmorgen wurden der Braut von Krankenschwester Marie die Haare „hübsch geföhnt“ und von Schwester Lara kunstvoll geflochten. „Als ich dann im Brautkleid mit meinem Patientenarmband um die Hand im Rollstuhl zum Standesamt gefahren bin, war das für mich wie ein Wunder“, sagt Alexandra Bruch noch immer mit Begeisterung. Um das Krankenhaus verlassen zu dürfen, musste sie kurz beurlaubt werden.
Klein, aber fein: Hochzeitsfest
im Patientenzimmer
Das Stationsteam holte zudem die Genehmigung ein, dass das anschließende Hochzeitsfest mit den Gästen ausnahmsweise in kleiner Runde im Patientenzimmer gefeiert werden konnte. Während der Trauung wurde das leere Bett aus dem Zimmer geräumt, Tische und Stühle aufgestellt und der Raum geschmückt. Es sei trotz aller Widrigkeiten ein „wunderschöner, unvergesslicher Tag“ gewesen. „Für mich war eine Welt zusammengebrochen und auf einmal ist so viel Schönes passiert. Ich bin Schwester Monika, Lara und Moni, meinem Operateur Herrn Schlenkhoff, den Ärzten und dem Team der Station 4A sehr dankbar.“ Auch ihr Mann und die Gäste seien von so viel Hilfsbereitschaft begeistert gewesen.
Zurzeit befindet sich Alexandra Bruch weiterhin in der Klinik. „Ich sitze hier immer noch, man sagte mir, ich müsse mich noch gedulden.“ Doch das scheint ihr zu gelingen. „Das hat vielleicht auch mit meiner fröhlichen rheinländischen Seele zu tun.“ Auch wenn die Welt für sie noch nicht in Ordnung ist: Die Welt der Medizin ist für die 53-jährige durch dieses Erlebnis ein Stück menschlicher geworden. Weil eins klar ist: Gesund werden Patienten nicht nur durch Eingriffe, sondern auch durch Empathie.