Turm-Rettung in 60 Metern Höhe
Noch bis zum Jahresende wird der Uhrturm des Verwaltungshauses saniert. Die WZ hat sich auf der Baustelle umgesehen.
Wuppertal. Rechnerisch gesehen ergibt sich diese Chance einmal in 103 Jahren. So alt ist der Uhrturm des Elberfelder Rathauses, das 1900 noch von Kaiser Wilhelm bei dessen Wuppertal-Visite eingeweiht worden ist. Dass das ebenso markante wie in die Jahre gekommene Bauwerk am Neumarkt noch bis zum Jahresende für 1,9 Millionen Euro auf Vordermann gebracht wird, ermöglicht am Verwaltungshaus in luftiger Höhe einen spektakulären Ein- und Ausblick.
„Die Luft in Wuppertal ist sauberer geworden“, sagt Matthias Schulte vom Gebäudemanagement der Stadt und wirft einen Blick auf Stein- und Kupferflächen, die den Himmel über Elberfeld zu kratzen scheinen: In 61 Metern Höhe ist im Schutz des gewaltigen Arbeitsgerüsts die letzte Etage des Turmes erreicht, und die Luft hier oben ein grimmiger Wind.
Die Spuren der Verwitterung an Dächern, Fassaden und Dekorationen lassen erahnen, wie sauer und entsprechend aggressiv der bergische Regen einst war. Sieben Jahre ist es mittlerweile her, dass der monumentale Turm von einer Steigerplattform aus begutachtet wurde, um einen Eindruck von den Schäden im und am Denkmal zu bekommen. Schulte: „Welches Ausmaß sie hatten und was zu tun war, zeigte sich erst aus der Nähe.“
Der Zahn der Zeit — in Form von Feuchtigkeit und Rost — hat auch diesem Bauwerk zugesetzt. „Die Kupferbleche ließen sich zum Teil schon mit der Zange abziehen.“ Um das zu verstehen, reicht ein Blick ins noch offen liegende Innenleben des Turmes: Die Kombination aus Metallstreben, Holz, Naturstein, Mörtel und Kupferblech ist seit Jahrzehnten Wind und Wetter ausgesetzt, sie „arbeitet“ bei jedem Temperaturwechsel und verwittert mit der Zeit. So sind es vor allem die Dacharbeiten, bei denen die Weichen für nächsten Jahrzehnte gestellt werden — aber nicht nur sie: In Abstimmung mit dem Denkmalschutz werden die Ziffernblätter der Rathausuhr ebenso auf Vordermann gebracht wie auch die Prallbleche der Turmglocke.
„Alles, was alt und haltbar ist, bleibt hier“, bringt es Schulte auf den Punkt. Derzeit laufen Klempnerarbeiten. Schon von Weitem sind die neuen Kupferbleche zu sehen, die noch im Sonnenlicht leuchten und erst mit den Jahren dunkler werden und Patina ansetzen.
Vorpatinierte Bleche kommen nicht zum Einsatz: Erstens sind sie teurer als ihre nicht vorbehandelten Gegenstücke — und sie wären auch nicht authentisch, wie der Architekt, seit 13 Jahren beim Gebäudemanagement, erklärt: Wie ein Mensch altert auch ein Gebäude — und das am besten in Würde. In wenigen Wochen bekommt der Turm seine 150 Kilogramm schwere Wetterfahne zurück, und bevor es zurück auf den Boden der Tatsachen geht, zollt der Architekt den Erbauern auch dieses Hauses Respekt: „Wenn man bedenkt, mit welchen technischen Möglichkeiten damals gebaut wurde, ist das eine Meisterleistung.“