Bergische Universität Uni-Archiv: 2000 Partituren für junge Musiker
Die Einrichtung bietet Musicals, Opern und Operetten. Die Sammlung kam 2015 nach Wuppertal.
Den „Kleinen Prinzen“ gibt es in zwei Adaptionen, der „Ring des Nibelungen“ ist auf eine Aufführungsdauer von einer Stunde eingedampft, „Alice im Wunderland“ liegt gleich in zahlreichen Varianten vor. Wer das Archiv für Musiktheater für Kinder und Jugendliche der Bergischen Uni besucht, der kann ganz unterschiedliche Notenblätter mit Musiktheaterstücken und Stoffen bekannter Kinderbücher finden. In einem Altbau an der Bendahler Straße hat das vor drei Jahren in Wuppertal eröffnete Archiv seinen Sitz. Es ist Teil der Fachgruppe Musikpädagogik der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften.
Rund 2000 Partituren, Klavierauszüge und Textbücher von Musiktheaterstücken für Kinder und Jugendliche finden sich – fein säuberlich nach Alphabet geordnet – an den Wänden des Archivs. „Für unsere Sammlung sind zwei Kriterien wichtig: Es muss sich um ein Musiktheaterwerk handeln und das Thema muss für Kinder und Jugendliche interessant sein oder von ihnen handeln“, sagt der Leiter des Archivs, Professor Dr. Thomas Erlach.
Die Sammlung steht Lehrern zur Verfügung, die zum Beispiel im Rahmen des Musikunterrichts mit ihren Schülern ein Musiktheaterstück einproben möchten. Bei den Partituren im Archiv handelt es sich zumeist um Leihgaben der Musikverlage: Die Noten dürfen vor Ort eingesehen und können auch an einem Keyboard eingespielt werden. Das Archiv selbst dürfen sie nicht verlassen. Vielmehr müssen sich die Lehrer im Anschluss an den Besuch im Archiv an die Musikverlage wenden und die Noten anfordern – schließlich muss immer das Urheberrecht gewahrt bleiben und die Gema-Frage gelöst werden.
Zudem stehe man der Forschung zur Verfügung und freue sich über jeden Wissenschaftler, der das Archiv für seine Forschungen zum Musiktheater für Kinder und Jugendliche nutzen wolle, betont Erlach, der ein Lehramtsstudium mit den Fächern Latein, Katholische Theologie und Musik absolviert hat. Deshalb hält das Archiv auch Sekundärliteratur, Originalhandschriften sowie Bild- und Tonträger bereit.
Die Sammlung im Archiv reicht von großen Opern für professionelle Ensembles bis zu kleinen Theaterübungen mit Gesang und Instrumentalbegleitung. Die Genres umfassen Oper, Operette und Musical sowie Mischformen. Besonders die seit den 1980er Jahren immer beliebter gewordenen Musicals für Kinder und Jugendliche finden sich in der Sammlung. Unterstützt wird Professor Erlach bei der Arbeit von der Doktorandin Waltraud Mudrich, die für die wissenschaftliche Koordination im Archiv zuständig ist.
Mit ihrer Arbeit möchten Mudrich und Erlach auch einen Anteil dazu leisten, dass der Musikunterricht an den Schulen wieder einen etwas höheren Stellenwert genießt und auch inhaltlich fortgeschrieben werden kann. Es würden händeringend Lehrer gesucht, die vor allem in den Grundschulen Musikunterricht geben, erklärt Erlach. Der Musikunterricht an den Schulen in NRW sei „dramatisch unterversorgt“.
Erschwerend kommt hinzu, dass es seit einigen Jahren einen grundsätzlichen Engpass bei der Besetzung von Lehrerstellen gibt – und Musik gehört offenbar zu den Fächern, die flugs gestrichen werden, wenn es einmal Probleme bei Personal oder Stundentafel gibt. Dabei warnt der Professor davor, Musik als „Luxusgut“ anzusehen, auf dessen Vermittlung in den Schulen ohne Weiteres verzichtet werden könne. „Musik gehört zum Wesen des Menschseins“, unterstreicht Erlach, der als Professor für Musikdidaktik an der Uni angestellt ist.
Das Archiv ist übrigens nicht von Erlach zusammengestellt worden, sondern im Kern das akademische Erbe des Münsteraner Germanisten Professor Dr. Gunther Reiß. In Form einer Schenkung ging die Sammlung 2015 an die Bergische Uni – dank einer Bekanntschaft zu Reiß erhielt sie Erlach.
Erlach selbst hatte bereits bei seiner Promotion ein Thema gewählt, das die drei Bereiche seiner späteren Archivarbeit vereinigt: „Unterhaltung und Belehrung im Jesuitentheater um 1700“ lautete der Titel. Die Jesuiten hatten damals schon Tragödien und Komödien von Schülern in ihren Orden einstudieren und aufführen lassen – wohlgemerkt auf Latein, der Gelehrtensprache der damaligen Zeit. Latein als Verkehrssprache im Musiktheater ist allerdings mittlerweile längst Geschichte – mittlerweile dominiert auch in diesem Bereich die Weltsprache des Pop. Das ist auch in dem Archiv feststellbar. „Der überwiegende Teil der Stücke hier ist auf Englisch“, sagt Mudrich.