Utopia, made in Wuppertal
Das Kulturprojekt "Clownfisch" von Beate Barbara Blaschczok und Christian Hampe sucht nach Ideen für eine bessere Zukunft.
Wuppertal. Wer das Wort "Clownfisch" in Google eingibt, dem Erscheinen bunte Bilder eines lustigen anmutenden Meeresbewohners. Und seit dem Animationsfilm "Findet Nemo" haben die Anemonenfische sogar einen Namen. Doch Clownfisch, das ist nicht nur der Zeichentrick-Nemo aus dem Disney-Film, das sind auch Beate Barbara Blaschczok (29) und Christian Hampe (28).
Die Kommunikationsdesigner lernten sich während des Studiums in Schwerte kennen. Ende 2006 schufen sie das "Clownfisch Statementmagazin." Eine designorientierte Publikation, in der Künstler und Kulturschaffende ihre Gedanken und Ideen zu einem Thema verarbeiten können. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt: Ob Texte, Gedichte oder Bilder - jeder kann sich in seiner Sprache äußern.
In der ersten Ausgabe mit dem Titel "Amerika" veröffentlich sogar Amory Lovins, Gründer des Rocky Mountain Institutes, das sich für Nachhaltige Entwicklung einsetzt, einen Beitrag. Ein Erfolg. Denn anfangs war es für die Gründer gar nicht so einfach, die Autoren zu gewinnen. "Da mussten man den Leuten auch schon mal hinterherlaufen", erzählt Christian. Heute haben die Wuppertaler das umgekehrte Problem. "Wir bekommen viele tolle Beiträge - so viele, dass wir nicht alles Unterbringen können."
Parallel zum Magazin finden jeweils Ausstellungen, Aufführungen und andere Veranstaltungen zum Thema statt. "Wir geben damit allen Künstlern einen Rahmen, die sich nicht in druckbaren Bildern und Texten ausdrücken", erklärt Christian. Die zweite Ausgabe "Zerstörung" wurde etwa durch eine Ausstellung in der Kunsthalle Barmen begleitet. Zum Thema "Schöpfung" präsentierten Künstler in den Elba Hallen Viedeokunst, Fotografie, Performance und Tanz. Mit dabei war auch der Tänzer Geraldo Si Loureiro, der vier Jahre als Solist beim Wuppertaler Tanztheater tanzte. Und auch Wolfgang Suchner und Winfried Walgenbach von Bohm und Böhmer brachten ihren Gedanken zur "Schöpfung" auf die Bühne.
Für Beate und Christian ist Clownfisch aber viel mehr als nur ein Magazin oder eine Veranstaltungsreihe. Sie begreifen Clownfisch als Netzwerk, als ein Kunst- und Kulturprojekt, das Künstler aller Genres vereint. Und aus dem Visionen entstehen. Und so wundert es auch nicht, dass das diesjährige Thema "Utopia" lautet. Wobei die Macher Utopie nicht als Synonym für einen Wunschtraum verstehen, wie der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch benutzt wird. Sie berufen sich auf die Definition des Philosophen Ernst Bloch (1885-1977). Blochs "konkrete Utopien" beschreiben einen Prozess der Verwirklichung, an deren Ende eine Gesellschaftsveränderung steht.
Für Beate und Christian wäre es daher denkbar, das ein solches alternatives Gesellschaftsmodell in "Utopia-Stadt" dauerhaft gelebt wird - einem Ort, in dem Ideen zur Stadt-Gesellschaft der Zukunft ausprobiert und umgesetzt werden, ganz konkret hier in Wuppertal. Wie diese Utopia-Stadt aussehen soll, wo sie entsteht? Noch unbekannt: "Vielleicht in einer alter Fabrikhalle, einem leeren Bahnhof oder einer Industrieanlage", gibt sich Beate geheimnisvoll.
Umrahmt wird das Utopia-Magazin von jedenfalls von einer ganzen Reihe von Veranstaltungen - etwa einem Symposium zum Thema "Grundeinkommen und dessen Auswirkungen auf die kulturelle und künstlerische Szene", das vermutlich im Spätsommer stattfinden soll. Kooperationspartner ist das Schauspielhaus stattfindet - eine Aktion mit Symbolcharakter. "Wir reagieren natürlich auf dei Entwicklungen hier in der Stadt", sagt Christian. Als "Herzstück" des Projekts bezeichnen die Künstler die "Utopia Session" im Oktober , bei der Musiker aller Stilrichtungen in der Villa an der Friedrich-Ebert-Straße 107 ein "modernes Orchester" bilden. Und auch eine Tanzveranstaltung "Tanzen nach Utopia" ist in Planung.
Dass das Tal die Hauptwirkungsstätte der Clownfische ist, hat übrigens ganz banale Gründe. "Wir haben zwar immer mal überlegt, die nächste Ausgabe woanders zu machen. Aber hier ist das Netzwerk am dichtesten", sagt Christian. Und Beate bringt es so auf den Punkt: "Ich mag Wuppertal. Hier ist viel los."