Begrabt mein Herz in Wuppertal Am siebten Tag soll der OB ruhen
Wuppertal · Kolumnist Uwe Becker über den Frühstart der Karnevalisten.
In unserem Land, und daher auch in unserer wunderschönen Stadt, herrschen zum Ende des Jahres aufgeregte, nervöse Zeiten. Am Freitag hob das Düsseldorfer Verwaltungsgericht ein von unserem Polizeipräsidenten ausgesprochenes Demonstrationsverbot für die Gruppierung „Die Rechte“ auf. Den Juristen war zwar bekannt, dass sich an diesem Tag die Pogromnacht zum 80. Mal jährte, da aber in der Nähe der Demo keine Gedenkveranstaltung stattfand, sah man keinen Grund für ein Verbot. Mit großer Genugtuung habe ich dann später erfahren, dass St. Martin und seine zahlreichen minderjährigen Anhänger sich hierdurch nicht haben abbringen lassen, ihren Fackelzug durch die Barmer City ebenfalls gnadenlos durchzuziehen. Nur durch das taktisch kluge Vorgehen der Polizei, konnte ein Zusammenstoß der beiden Glaubensgemeinschaften verhindert werden.
In einer funktionierenden Demokratie sollte jeder Kompromisse eingehen und die Meinungen anderer zulassen, ob sie ihm gefallen oder nicht. Dazu gehört aber auch, damit wir uns hier nicht falsch verstehen, dass sich AfD-Wähler nicht immer direkt tierisch aufregen, wenn man ihnen vorwirft, sie seien Nazis. Nicht alle Wähler der AfD sind selbstverständlich lupenreine Nazis, aber sie wählen die Faschisten, sie sollten das wenigstens nicht abstreiten. In unserer Stadt sind einige Mitbürger aktuell beunruhigt oder beruhigt, weil die Wuppertaler CDU ihre Kooperation mit der SPD aufgekündigt hat. Beide Parteien suchen nun jeweils neue Partner, um wichtige und unwichtige Projekte wie bisher langsam voran oder lässig vor sich her zu treiben. Der Politikverdrossenheit, die in unserer Bevölkerung bereits tief verwurzelt ist, wird dieses demokratische Ringen um neue Mehrheiten im Rat der Stadt aber keinen Abbruch tun.
Die Wuppertaler Narren, so las ich, übernahmen das Rathaus in diesem Jahr bereits am Samstag, weil der 11.11. auf einen Sonntag fiel, und Oberbürgermeister Mucke am siebten Tag der Woche ruhen soll. Bevor sich im kommenden Jahr unsere Bundeskanzlerin höchstmöglich mit den Worten „Thanks, folks!“ aus der Politik verabschiedet, hat Angela Merkel für alle Fans des Karnevals noch eine fette Überraschung parat: Die Karnevalssession endet diesmal erst am 6. März. Danke, Merkel!
Zur fünften Jahreszeit habe ich persönlich auch eine sehr schöne Erinnerung, die ich nicht missen möchte: Anfang der 1990er Jahre saß ich mit Freunden im Elferrat der Kölner Stunksitzung. Im ausverkauften E-Werk zogen wir zu den Klängen von Köbes Underground, der Hausband der alternativen Karnevalssitzung, zusammen mit dem Vorsitzenden, dem Kabarettisten Jürgen Becker, auf die Bühne. Für den Abend waren wir alle als Pina Bausch verkleidet. Wir trugen schwarze Unterröcke (Kaufhalle, 14,95 DM), und unsere Achselhaare hatten wir mit künstlichen Haarteilen absurd verlängert. Als der Vorsitzende Jürgen Becker dem Publikum vorab verkündete, dass der Elferrat aus Wuppertal komme, gab es zunächst höhnisches Gejohle und wir wurden ein wenig ausgebuht. Wir erhoben uns sofort von unseren Sitzen auf der Empore und klatschten frenetisch. Die Hausband sprang uns spontan musikalisch zur Seite, und als Jürgen Becker dann versöhnlich ausrief: „Die Pina Bausch aus Wuppertal ist doch im Grunde auch ein Funkenmariechen!“, da waren die Wogen geglättet, und wir hatten die Kölner im Sack. Ich kann ohne Übertreibung behaupten, dass wir uns damals um unsere Heimatstadt verdient gemacht haben. In diesem Sinne: Kölle Alaaf und Wuppdika!