Mehr Spielraum Verkehrsdezernent: „Es wird noch mehr Tempo 30 in Wuppertal geben“

Wuppertal · Die Städte und Gemeinden bekommen nach Zustimmung des Bundesrats mehr Spielraum bei der Straßenverkehrsordnung.

Auf 80 Prozent der Straßen in Wuppertal gilt Tempo 30. Jetzt werden es wohl noch mehr werden.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Mehr Bewegungsfreiheit für Fußgänger durch mehr Entscheidungsfreiheit für die Städte und Gemeinden – auf diese Formel lässt sich die jüngste Entscheidung des Bundesrats bringen, den Kommunen in Fragen der Straßenverkehrsordnung einen größeren Spielraum einzuräumen. Das sorgt nicht nur beim Fachverband Fußverkehr Deutschland (Fuss e.V.) für Freude, wie dessen Vertreter in einer Pressemitteilung berichten, sondern stößt auch im Wuppertaler Verkehrsamt auf freudige Resonanz, wie die WZ auf Nachfrage erfuhr.

„Das ist ein weiterer Schritt, um mehr Gerechtigkeit unter den Verkehrsteilnehmern herzustellen“, so die Bewertung von Guido Mengelberg von der Wuppertaler Ortsgruppe von Fuss e.V.. Insbesondere die Radfahrer hätten in den vergangenen Jahren ihre Anliegen erfolgreich platzieren und für Verbesserungen sorgen können. Jetzt sollten auch die Fußgänger endlich Gehör finden mit ihren Anliegen.

Mengelberg verweist auf seine Beobachtungen in Kopenhagen, wo man das Fahrrad als Verkehrsmittel bekanntlich besonders zu schätzen weiß. „Radfahrer finden in der Hauptstadt Dänemarks wirklich sehr gute Bedingen vor. Aber als Fußgänger muss man dort sehr aufpassen“, so Mengelberg, der auch Stadtverordneter der Grünen und zweiter stellvertretender Bürgermeister von Heckinghausen ist. „Im Straßenverkehr müssen wir aber eben allen gerecht werden“, sagt er und verweist auf den Umstand, dass es seit gut anderthalb Jahren einen Mitarbeiter in der Stadtverwaltung gibt, der nur für die Belange des Fußverkehrs zuständig ist. Mit einiger Vorfreude erwartet er die ersten Entwürfe für ein spannendes Projekt in Vohwinkel. Die Kaiserstraße soll bekanntlich 2025 für einen gewissen Zeitraum autofrei werden. Mengelberg: „Experimente im Zuge eines Reallabors werden helfen, zu verdeutlichen, wie so etwas in der Realität aussieht und umsetzbar wird.“ Der Wuppertaler Verkehrsdezernent Frank Meyer sagt: „Wir freuen uns, dass es nach langem Ringen endlich zu dieser Entscheidung gekommen ist.“ Den Kommunen mehr Beinfreiheit in der Ausgestaltung der Straßenverkehrsordnung zu geben, sei schon Ende 2023 ein Thema gewesen.

Riskante Querung der Bundesallee

Die schwarz-grüne NRW-Regierung habe den Beschluss bis dato aber abgelehnt, so Meyer. Was genau die Entscheidung nun für die Stadt Wuppertal bedeutet, sei noch nicht absehbar. Die sogenannten Verwaltungsvorschriften, die für die Kommunen verbindliche Angaben zu dem Beschluss enthalten, liegen laut Meyer noch nicht vor. „Ich gehe aber davon aus, dass es mehr Tempo 30 in Wuppertal geben wird“, zeigt sich der Verkehrsdezernent sicher. Dazu habe es immer wieder zahlreiche Anfragen gegeben, die von der Stadtverwaltung abgelehnt werden mussten, und zwar mit Verweis auf den Paragraphen 45 der Straßenverkehrsordnung. Darin ist unter anderem die zulässige Geschwindigkeit in bestimmten Straßen geregelt. Das entspreche auch dem Engagement Wuppertals als Mitglied der Initiative „Lebenswerte Städte“, die „ein stadt- und umweltverträgliches Geschwindigkeitsniveau im Kfz-Verkehr“ anstrebt und der aktuell 1093 Städte, Landkreise und Gemeinden in Deutschland angehören. „Schon seit Langem gilt auf 80 Prozent der Straßen in Wuppertal Tempo 30. In den letzten Jahren hat sich kaum etwas daran geändert. Nun kommt aber wohl noch ein guter Schub dazu“, so Frank Meyer, der den Vergleich mit der französischen Hauptstadt Paris nicht scheut: „Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo brüstet sich mit ihren Tempo-30-Maßnahmen – wir in Wuppertal haben das aber schon lange.“ Für die Wuppertaler Hauptverkehrsachsen komme Tempo 30 indessen weiterhin nicht in Frage, so Meyer. Zwar kennt auch er „haarsträubende Szenen, wenn Leute vollbepackt und womöglich noch mit Kinderwagen die B7 an der Adlerbrücke zum gegenüberliegenden Lidl direkt überqueren, obwohl 50 Meter weiter am Engelshaus ein Überweg ist“.

„Nur ein erster Schritt“

Aber das wäre auch der Fall, wenn es mehr Überwege an der Bundesallee gäbe, meint er. Bei dieser Hauptverkehrsader der Stadt werde die Politik immer genau darauf achten, dass deren Leistungsfähigkeit erhalten bleibe. „Bislang war den Städten fast alles verboten gewesen, was den Autoverkehr einschränken könnte. Vor allem in großen Städten sind die Menschen aber viel öfter zu Fuß, per Bus, Bahn und Rad unterwegs. Das können die Städte jetzt mit Verkehrsregeln und Straßenumbauten stärker berücksichtigen“, fasst Roland Stimpel von Fuss e.V. Deutschland in Berlin zusammen. Dies könne aber nur ein erster Schritt sein. Stimpel: „Städte und Gemeinden haben noch längst nicht die nötige Freiheit, über das Höchsttempo auf ihren Straßen zu entscheiden.“