Serie Geschichte der Wuppertaler Junior Uni: Wie alles begann

Wuppertal · Ernst-Andreas Ziegler, Gründer und Ideengeber der 2008 gegründeten Junior Uni, erinnert sich an die Anfänge.

Das Angebot der Junior Uni richtet sich an Kinder und Jugendliche im Alter von vier bis 20 Jahren.

Foto: imago images / Jochen Tack/Jochen Tack;via www.imago-images.de

Dass die erste Junior Uni in Wuppertal gegründet und ein so schöner Erfolg geworden ist, steht letztlich in der Tradition unserer Stadt. Gelungen ist das als Gemeinschaftswerk mit außergewöhnlichen Menschen. Allein hätte das niemand geschafft. Obwohl die Situation von Ort zu Ort unterschiedlich ist, ermutigen dieses Modellprojekt aus Wuppertal und die Gründung weiterer Junior Unis zunehmend auch andere Initiativen, sich gegen Bedenken oder bürokratische Widerstände durchzusetzen. Ein Rückblick auf die Entstehungsgeschichte:

Teil 1: Das war der Auslöser

Die Ausgangslage Anfang der 2000er Jahre war deprimierend. Wuppertal und das Bergische Land hatten den Strukturwandel längst noch nicht verkraftet. Wegen des völligen Zusammenbruchs der Textilindustrie war dieser hier besonders schlimm. Die Menschen fühlten sich im Stich gelassen. Das drückte auf die gesamte Stimmungslage. Zu den wenigen Menschen in der Politik, die gegensteuerten, zählten in Wuppertal Oberbürgermeister Peter Jung (CDU) und Stadtdirektor Johannes Slawig. Sie bildeten damals die Wuppertaler Stadtspitze. Selbst ohne eigenes Zuversichtskonzept hatten sie den Mut, die Bürger nach Ideen zu fragen, was in Stadt und Region besser laufen müsste.

Ernst-Andreas Ziegler

Foto: dpa/David Young

Das Echo war enorm. Mehr als 200 Ehrenamtliche, darunter Firmenchefs und Künstler, jedoch keine Politiker und keine Verwaltungsmitglieder, erarbeiteten innerhalb eines Jahres konkrete Vorschläge. Sie trafen sich zusätzlich zu den offiziellen Sitzungen, häufig sogar privat, entwickelten und diskutierten Stärken und Schwächen von Stadt und Region. Irgendwann erreichte dann eine Flut von Anfragen das Rathaus. Damit zeigte sich die Schwäche dieses eigentlich großartigen Prozesses. Es gab nämlich niemanden, der die Bürgerdiskussion moderiert hatte. Die Verwaltung, aber auch die Stadtverordneten, hatten nur beobachtet, nur darauf gesetzt, dass die Beteiligten von allein zu Entscheidungen kommen würden. Nun drohte ein öffentlicher Skandal, zumindest in Form vieler Leserbriefe mit Vorwürfen gegenüber Politik und Verwaltung.

Was tun? Gemeinsam mit dem damaligen Leiter des Oberbürgermeister-Büros, Jochen Siegfried, brachte ich als erfahrener Pressemensch schließlich die Wuppertaler Bürgerberatungsrunde durch intensive Gespräche mit den Beteiligten zu einem guten Ende – sie hatten knapp 100 kreative Ideen zu Papier gebracht. Letztlich wurde dem Stadtrat ein Abschlussbericht vorgelegt. Dann kam mir beim Langstreckenlauftraining eine wirklich zündende Idee. Plötzlich war mir klar: Wir müssen keinen zweiten Eiffelturm bauen oder ein bergisches Silicon Valley ins Leben rufen, sondern den Anstoß zur Verbesserung unseres gesamten Bildungssystems geben – mit denkbar besten Chancen für alle junge Menschen unabhängig vom Geldbeutel und Sozialstatus der Eltern. Kinder ab vier Jahren sollten hier ebenso profitieren können wie Grundschüler und Jugendliche der verschiedenen weiterführenden Schulformen. Und zwar durch zusätzliche Angebote, unabhängig von Schule und Kindergarten.

Der Gedanke: Gründen wir in der Tradition bergischen Unternehmermutes eine private Kinder- und Jugenduniversität. Sie wird Kinder und Jugendlichen, besonders die aus bildungsfernen Familien, stärker machen für den späteren Einstieg in Beruf oder Studium. Ohne Aufnahmeprüfung, ohne Noten, ohne Druck, ohne Zeugnisse, alles auf freiwilliger Basis, mit sehr geringen Gebühren, die sich auch die Ärmsten leisten können, und mit überzeugenden und beruflich erfolgreichen Dozenten, die es schaffen, dass ihre Studenten Lernen und Experimentieren zum Hobby machen. Jeder, der sich anmeldet und einen Platz bekommt, wird willkommen geheißen und erhält einen persönlichen Studentenausweis. Für mich stand fest: Wir müssen in junge Köpfe investieren. Denn nur sie sind die Schlüssel zu einer dauerhaft positiven Zukunft von Städten und Regionen, von Deutschland und der EU. Zur Umsetzung meiner Idee brauchte ich als erstes dringend Nachhilfe in Pädagogik, Naturwissenschaften, Technik und – besonders wichtig – im Geldsammeln.

Mit Unterstützung der Familie im Rücken ging ich sofort ans Werk. Als Unternehmensgründer fehlte mir jegliche Erfahrung. Ich glaubte, die Gründung der privaten Kinder- und Jugenduniversität würde ich mit herausragenden Mitstreitern zeitnah schaffen und anschließend auch das richtige Personal finden. Sobald das liefe, könnte ich mich zurückziehen. Ganz so einfach ging all das dann aber doch nicht.