Verloren zwischen einst und jetzt

Carolyne Mas gastiert im Live Club. Ihren Auftritt prägt die Vergangenheit.

Wuppertal. Wäre Janis Joplin noch am Leben, dann hätte sie den Freitagabend im Live Club Barmen (LCB) bequem im Alleingang über die Bühne gekriegt. So aber waren die Charakteristika der legendären Rockröhre auf zwei Personen verteilt: Support Franzi Rockzz lieferte die Stimme und mit „Mercedes Benz“ sogar noch ein Joplin-Original, während Hauptakteurin Carolyne Mas dem Outfit und der Erscheinung von Janis Gestalt verlieh.

Mas hatte ihre großen Jahre zu Beginn der 80er als süßer, energiegeladener Fratz, der vor allem mit dem Song „Sittin‘ in the Dark“ Furore machte. Dass sie heute im Alter von 57 Jahren auf Plakaten und auf ihrer Homepage immer noch mit gefälligen Porträts von damals lockt, verweist auf eine gewisse Tragik: Die nach wie vor sympathische Sängerin scheint an ihre eigene Vergangenheit gefesselt zu sein und das zu suchen, was sie nicht mehr leisten kann.

Waren ohnehin nur rund 80 Gäste im LCB erschienen, so hatte sich der Kreis bis zur Zugabe mit „Under the Boardwalk“ auf die Hälfte reduziert. Wer sich der frühen Auftritte mit Band erinnerte, war womöglich schon enttäuscht, weil Mas am Freitag solo als Singer-Songwriterin auf der Bühne stand und ihre Gitarre kaum gefühlvoller behandelte als einen Eierschneider. Sie hangelte sich mit Standardakkorden durchs Programm.

Höchst bedauerlich, denn ihre Stimme vermochte immer noch zu begeistern, so wie ihr Spiel auf dem Piano allemal mehr überzeugte als das Schrammeln auf der Gitarre. Mit Band wäre das nicht passiert. Zweifellos ist ihr Glück zu wünschen beim Comeback, das sie mit ihrer aktuellen Europa-Tour versucht. Doch zum Erfolg gehört, dass sie zu ihrer Gegenwart steht.