Voller Viertelklang die Trasse entlang

Wuppertal. Samstagabend 19 Uhr, das Wetter ist perfekt für ein Musikfestival mit Wander- und Radeinlagen. Zwischen den Trassenkilometern 8 und 13 hat das Kulturbüro 28 Konzerte jeglicher Spielart organisiert.

Während am Stellwerk Loh zwei Spieluhren zarte Klänge ins Publikum senden, hat sich am Bahnhof Loh der Saxofonist Hans-Peter Hiby nach 20 Jahren mal wieder mit dem Schlagzeuger Martin Blume zusammengetan. Energiegelader Free Jazz mit Sogwirkung ist das Ergebnis, das gut 30 Zuhörer frenetisch beklatschen — wofür sie eine fetzige Zugabe bekommen.

Ob intimer Rahmen oder Massenandrang — jedes Konzert entfaltet einen speziellen Reiz. Die 800 Karten sind erwartungsgemäß ausverkauft, aber nicht wenige beklagen sich über die weiten Entfernungen.

Zum Club des Belugas in der Thomaskirche strömen die Besucher, dass es aus dem Küsterteam schon heißt: „Das ist ja fast so voll wie Weihnachten.“ Frontfrau Brenda Boykin versetzt die 330 zugelassenen Besucher mit dem ersten Fingerschnippen in swingendes Wippen. Beim Jazz-Klassiker „Love is in Town“ schöpft sie stimmlich gleich aus dem Vollen, macht aus Lauten ganze Strophen, steht schon auf Socken. Die Musikanlage ist aber so schlecht eingestellt, dass ihre grandiose Stimme nicht zum Strahlen kommt, sondern hinter den Instrumenten zurückbleibt.

Die Thomaskirche leert und füllt sich wieder — Dörte und Alexander tragen heimatliche Schlager vor. Wenn Alexander (Björn Krüger) fragt: „Wer braucht Düsseldorf? Wir haben Wuppertal“, kann er sich der Zustimmung sicher sein. Im Café Hutmacher in der Utopiastadt ist zu dieser Zeit kein Durchkommen: Tukano spielen zeitlos eleganten Jazz. Es ist sehr warm und sehr kuschelig.

Auch die Nachtkonzerte sind bestens besucht, ob beim Gitarren-Duo Weimer-Sisters mit poetischen Walzern im Tanzwerk oder bei Carretera Sur nebenan in der Weinquelle Hornig. Musiker und Publikum pushen sich mit der mitreißenden Musik gegenseitig hoch, dass aus den vorgesehen 30 am Ende 70 Minuten Konzert werden.

Einige Schritte weiter schließt sich ein Viertelklang-Kreis. Thomas Beimels moderne Komposition für Spieluhr hatte das Festival an seiner östlichen Peripherie eröffnet. Nun verzaubert er mit dem Ensemble Partita Radicale die Zuhörer im Ottenbrucher Bahnhof, also am westlichen Ende. Mit „träumenden Flockenworten“ zitieren sie den Dada-Dichter Hans Arp, dazu taumelt und bimmelt ein kleiner Plastikclown. Danach geht man musikerfüllt in die Nacht.