Von Wuppertalern, die auszogen, um den Faschismus zu stoppen (Teil 2)

Vor 75 Jahren zogen 40 Wuppertaler in den Spanischen Bürgerkrieg. Sie wollten den in Deutschland bereits verlorenen Kampf gegen die Nazis nachholen. Für einige war es der Beginn einer großen politischen Karriere.

Auch Kirschey und Benner geraten zwischen die inneren Fronten. In den 20er Jahren selbst Mitglied der Wuppertaler KPD orientiert sich Kirschey bereits früh um: „Die Atmosphäre in der anarchosyndikalistischen Bewegung gefiel mir ausnehmend gut. Sie war antiautoritär und das genaue Gegenteil des autoritären Geistes innerhalb der kommunistischen Bewegung, außerdem konnte man verschiedener Meinung sein und offen diskutieren, ohne deswegen als Verräter angesehen zu werden“, sagt Kirschey einmal.

Für ihn sind die Unstimmigkeiten innerhalb der Linken auch der Grund, warum der Krieg drei Jahre später mit einem strahlenden Franco auf der einen und dem Tod oder der Flucht der meisten Republikaner auf der anderen Seite endet.

Bereits im Mai 1937 kommt es zu internen Kämpfen unter den Antifaschisten in Barcelona. Die Kommunisten, vorher eine eher kleine Gruppe, werden durch die Geld- und Waffenlieferungen aus der Sowjetunion — die sich wie auf der anderen Seite Deutschland und Italien in den Krieg einmischt — immer einflussreicher. Kirschey und andere Anarchisten — Benner kann kurz vorher fliehen — werden wegen angeblichen Verrats in ein kommunistisches Gefängnis gesteckt. Als sie wieder herauskommen, ist der Krieg so gut wie verloren.

Kirschey flüchtet über Frankreich und die Niederlande nach Göteborg, wo er den Rest seines Lebens verbringt. Benner flieht ebenfalls nach Schweden, wird dort verhaftet und kommt erst 1949 nach Wuppertal zurück. Doch die geliebte Heimat hat sich verändert. „Es gelang ihm nicht mehr, in Deutschland Fuß zu fassen. 1952 kehrte er enttäuscht nach Schweden zurück“, schreibt der Historiker Dieter Nelles.

Für andere ist der Kampf in Spanien der Beginn einer großen politischen Karriere. So wie für Friedrich Dickel. 1913 in Vohwinkel geboren, tritt er 1931 der KPD bei. Nach der Machtübernahme der Nazis 1933 wird er verhaftet und flieht wie so viele aus dem „roten Wuppertal“ über Frankreich in die Niederlande.

Auch Dickel folgt 1936 dem Ruf der spanischen Republikaner und wird Kompanieführer im Thälmann-Bataillon der Internationalen Brigaden — eine paramilitärische Einheit mit Freiwilligen aus 57 Ländern, in der zahlreiche Wuppertaler wie der Schriftsteller Walter Kaiser-Gorrish und der spätere Medizin-Professor Carl Coutelle aktiv sind. Dort kämpfen sie Seite an Seite mit Ernest Hemingway, George Orwell, Pablo Picasso und Ernst Busch.

Nur ein Jahr später folgt Dickel dem Ruf aus Moskau. Er arbeitet für den militärischen Nachrichtendienst der UdSSR in Finnland und China, tritt nach der Rückkehr nach Deutschland 1946 der SED bei und arbeitet sich 1963 zum DDR-Innenminister und Chef der Volkspolizei sowie der Zivilverteidigung hoch.

Auch der 1908 in Barmen geborene Artur Dorf fand sein Glück in der DDR. Der Chefredakteur der Bergischen Volksstimme und KPD-Chef in Solingen und Hagen kämpft in Spanien ebenfalls in den Internationalen Brigaden. Nach dem Zweiten Weltkrieg leitet er die Polizei Brandenburg, wird Lehrstuhlleiter an der Parteihochschule Karl Marx und Vorsitzender des Zentralvorstands der DDR-Gesellschaft für Sport und Technik.

Doch die meisten Spanienkämpfer werden weder glücklich noch erfolgreich. Einige sterben im Krieg — Ernst Lau, Paul Röcker, Rudolf Schäfer und Walter Seelheim — oder werden auf der Flucht interniert oder verhaftet und landen im KZ. Ihr Krieg gegen den Faschismus begann mit der Hoffnung auf eine bessere Welt. Doch selbst nach dem Weltkrieg und dem Ende der Nazi-Herrschaft können sie sich mit dem neuen Deutschland nicht identifizieren. Sie ziehen desillusioniert in alle Welt oder sterben einsam in Wuppertal. Offiziell geehrt werden die wenigsten.