Gedenken Vor 75 Jahren brannten in Wuppertal Kirchtürme wie Fackeln

Zum Gedenken der vielen Opfer der Luftangriffe am 13. und 19. März 1945 werden in Wuppertal am Freitag die Glocken der katholischen und evangelischen Kirchen im Barmer Osten gemeinsam läuten.

Bis auf die Sakristei wurde die Pfarrkirche St. Johann Baptist in der Folge des Luftangriffs am 13. März 1945 zerstört.

Foto: Quelle Pfarrarchiv SJB

Am Freitag werden zwischen 15.40 Uhr und 16.20 Uhr die Glocken der Kirchen im Barmer Osten läuten. Das Geläut erinnert an den Bombenangriff auf Oberbarmen, Heckinghausen, Langerfeld und den Schwelmer Westen nur wenige Wochen vor der Besetzung Wuppertals durch die amerikanischen Truppen. Zum Gedenken der Opfer des Luftangriffs am 13. März 1945 werden die Glocken der Immanuelskirche, der evangelischen Kirche Wichlinghausen sowie der katholischen Kirchen St. Raphael Langerfeld, St. Elisabeth Heckinghausen, St. Johann Baptist Oberbarmen und St. Marien Wichlinghausen zu hören sein.

Hans-Joachim Ossé hat den Luftangriff vor 75 Jahren als zehnjähriger Junge in einem Keller seines Elternhauses überlebt. „Wir waren schon vorher traumatisiert durch den Bombenangriff auf Barmen 1943, und auch beim Elberfelder Angriff hat in der Normannenstraße die Erde gebebt. Die Bombenangriffe im März 1945 galten der Rheinischen Strecke, über die viele Militärtransporte gelaufen sind. Als Kinder haben wir die Panzer auf den Zügen gesehen“, erinnert sich Hans-Joachim Ossé. In den Nachkriegsjahren bot die heutige Nordbahntrasse Gelegenheit zum „Fringsen“ – so nannte man das Einsammeln von Kohle, die von den Waggons „gefallen“ war.

Die Schrecken des 13. März haben sich tief in sein Gedächtnis eingebrannt. Besonders ein Bild hat ihn noch viele Jahre in seinen Träumen verfolgt: „Ich erinnere mich, dass mich mein Vater am Abend aus dem Keller geholt hat. Wir standen auf der Normannenstraße und mussten mitansehen, wie die fünf Türme der Kirche St. Johann Baptist wie riesige Fackeln brannten. Der Funkenflug der umliegenden Wohnhäuser hatte die Kirche in Brand gesetzt.“

Die Nachbargemeinde St. Elisabeth war ebenfalls sehr schwer getroffen. Unter den Toten war Pfarrer Wilhelm Gebrande. Den Opfern des Luftangriffs am 13. März 1945 und eines weiteren am 19. März 1945 wird am heutigen Freitag um 18.30 Uhr in einem Gottesdienst in der Kirche St. Johann Baptist Oberbarmen, Normannenstraße 71, gedacht.

Bis die Kirche wieder genutzt werden konnte, vergingen fünf Jahre. „Weihnachten 1950 kehrte die Gemeinde in ihr Gotteshaus zurück“, erinnert sich Hans-Joachim Ossé. Als Messdiener hatte er miterlebt, dass in der Sakristei, die nicht zerstört worden war, zumindest Andachten stattfinden konnten. „Für die großen Gottesdienste war dieser Raum zu klein. Doch dann bot die evangelische Kirche in Wichlinghausen uns Katholiken Hilfe an. „Bis zum 8. Juli 1945 durften wir morgens um 6 Uhr und abends um 18.30 Uhr am Wichlinghauser Markt unsere Gottesdienste feiern.“

Bei den Frühmessen hieß es für die Messdiener früh aufzustehen, denn bei Wind und Wetter mussten Kelche, die Opfergaben wie Hostien und der Messwein, Altartücher, Kerzen für den Altar, Blumenschmuck, die liturgischen Bücher wie das Messbuch und die biblischen Lesungen, die Kollektenkörbchen und nicht zuletzt das Buch (Proclamandum) für die wöchentlichen Verkündigungen und Mitteilungen zur Westkotter Straße getragen werden. Bis Weihnachten 1950 wurden die katholischen Messen dann in der Aula der Schule an der Diesterwegstraße zelebriert.

Das Läuten der Glocken als Zeichen des Zusammenhalts

Dass am Wichlinghauser Markt auch vor dem Gottesdienst der Katholiken die Glocken geläutet wurden, war keine Selbstverständlichkeit, denn noch war Ökumene ein Begriff, mit dem Christen beider Konfessionen wenig anfangen konnten. Die Erinnerung an das Glockengeläut der Wichlinghauser Kirche erfüllt Hans-Joachim Ossé bis heute mit Dankbarkeit und gab deshalb auch den Anstoß für das gemeinsame Geläut am heutigen Tag. „Wobei wir den Klang der Kirchenglocken der einzelnen Kirchen zeitlich aufeinander abstimmen werden“, sagt Hans-Joachim Ossé, der bis heute an der Normannenstraße wohnt.