Was im Apfel übrig bleibt: Lebensmittelchemie mit Biss
UniTal 2008: Der Lebensmittelchemiker, Professor Michael Petz, eröffnet morgen die neue Staffel der Vortragsreihe UniTal.
Wuppertal. Professor Michael Petz ist ein schwieriger Verbraucher. Schwierig, weil er unberechenbar ist und damit eine Herausforderung für alle Kosumbeobachter darstellt. Mal greift er zum Öko-Apfel, mal landet das konventionell angebaute Gemüse im Einkaufskorb. "Es kommt darauf an, wo ich gerade bin und auf was ich gerade Lust habe", sagt Petz und klingt dabei so unbeschwert wie selten jemand, der über Lebensmittel spricht. Dabei müsste doch gerade Petz mit seinem Kaufverhalten bei Obst und Gemüse unter besonderer Beobachtung stehen, denn der Lebensmittelchemiker der Bergischen Universität analysiert seit Jahrzehnten Rückstände in Obst, Fleisch und Gemüse, gehört zu den anerkanntesten Forschern auf diesem Gebiet und hat es bei diesem sensiblen Thema geschafft, sich jeder Emotionalisierung oder gar Ideologisierung zu entziehen.
Sein Ziel ist es vielmehr, die Diskussion um belastetes Obst und Gemüse zu versachlichen - mit Hilfe der Wissenschaft. Vertretern von Organisationen wie Greenpeace mag es dennoch gar nicht schmecken, wenn Petz mit Lust in einen zuvor mit chemischen Pflanzenschutzmitteln behandelten Apfel beißt. Dabei weiß der gebürtige Bayer genau, was er sich da antut und sagt dennoch: "Ich mach mir keinen Kopf um die Rückstände."
Petz ist weit davon entfernt, den konventionellen Pflanzenanbau als Gewinner im Wettstreit zwischen Bio und Nicht-Bio hinzustellen. "Wenn ich Rückstände in Lebensmitteln vermeiden kann, dann sollte ich es auch tun. Im Bio-Apfel lassen sich kaum Rückstände nachweisen."
Petz sagt auch: "In der Mehrzahl des konventionellen Gemüses finde ich dagegen immer Rückstände von Pflanzenschutzmitteln." Alles sei eben nur eine Frage der Empfindlichkeit der Analytik. Auf die Technik kommt es an, und die ist in den vergangenen Jahren immer besser geworden. "Wenn ich einen Wirkstoff bei einer Pflanze einsetze, dann bleiben auch Rückstände."
Fragt sich nur: Wie gesundheitsgefährdend sind denn nun die Reste von Pestiziden und anderen Mitteln im Tomatensalat? Aber genau beim Punkt der gesundheitlichen Relevanz können sich die Gelehrten trefflich streiten. Da gibt es Grenzwerte, die so streng angesetzt sind, dass man sich in minimalsten Mengenbereichen bewegt und nach oben unzählige Sicherheitsschleusen eingebaut hat. Petz berichtet von den "täglich duldbaren" Konzentrationen von Pflanzenschutz-Rückständen in Lebensmitteln, die um ein Vielfaches über den Grenzwerten liegen.
In Tierversuchen wird die Konzentration um das Hundertfache und mehr erhöht, um gesundheitliche Auswirkungen auch noch bei der Spezies zu erkennen, die am empfindlichsten darauf reagiert.
"Rückstände im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen bewegen sich im nicht relevanten Bereich", weiß Petz, der Verbrauchern damit ein Stück Verunsicherung nehmen will: "Es lässt sich darüber streiten, wie schädlich diese Mini-Rückstände sind. Tatsache ist aber, dass hier mit minimalen Mengen große Angst erzeugt wird. Da stellt sich für mich die Frage, ob es letztlich nicht eher die Angst ist, die uns krank macht?" Obwohl das Gesundheitsrisiko vergleichsweise gering ist, versteht auch Petz keinen Spaß mehr, wenn Grenzwerte von Pflanzenschutzrückständen überschritten werden. Ein europäisches Alarmsystem soll in der industriellen Massenproduktion verhindern, dass zu stark belastetes Obst und Gemüse beim Verbraucher ankommt.
Die Reihe: UniTal ist eine Vortragsreihe für Wuppertal mit Professoren der Bergischen Universität, veranstaltet von der Gesellschaft der Freunde der Bergischen Universität (GFBU) und der Westdeutschen Zeitung in der CityKirche Elberfeld. Der Vortrag von Professor Michael Petz "Pestizide in Obst und Gemüse - echte oder gefühlte Gefahr?" beginnt am morgigen Dienstag, 26. Februar, um 19.30 Uhr am Kirchplatz. Der Eintritt ist frei. Einlass, solange Plätze vorhanden. Mit UniTal soll das breite Spektrum der spannenden Forschung an der Bergischen Uni mittels populärwissenschaftlicher Vorträge in die Stadt gebracht werden. Den nächsten Vortrag gestaltet der Historiker Professor Wolfgang Orth am 17. April.
Michael Petz (Jahrgang 1948) studierte Lebensmittelchemie an der Uni Erlangen/Nürnberg und promovierte 1979 zum Thema Rückstandsanalytik von Lebensmitteln in Münster. 1988 wurde er auf den Lehrstuhl für Lebensmittelchemie der Universität Wuppertal berufen.