Gerüchte dementiert Was wir bisher über den Amokalarm am Wuppertaler Gymnasium Sedanstraße wissen

Wuppertal · Schüler und Lehrer nutzten den Tag, um über das Ereignis vom Freitag zu sprechen – Ermittlungen laufen weiter. Ein Video im Netz sorgt für Spekulationen.

Im Gymnasium Sedanstraße wurde am Freitag ein Amokalarm ausgelöst.

Foto: Katharina Rüth

Nach dem Amokalarm am vergangenen Freitag am Gymnasium Sedanstraße laufen die Ermittlungen weiter. Noch ist nicht klar, ob es tatsächlich eine Gefährdung der Schülerinnen und Schüler gegeben hat. An der Schule hatten die Kinder und Jugendlichen sowie die Lehrkräfte am Montag Gelegenheit, sich über das Geschehen und ihre Erlebnisse auszutauschen.

Mit einem Großaufgebot hatten am Freitag Polizei und Rettungsdienst auf den Alarm reagiert: Das Umfeld war weiträumig abgesperrt, der Steinweg nicht mehr befahrbar. Während sich Schüler und Lehrer in Klassenräumen einschlossen, durchkämmten Einsatzkräfte, unter anderem Spezialeinsatzkräfte (SEK), mehrfach das Gebäude, bis es gegen Mittag Entwarnung gab: Es wurde keine verdächtige Person gefunden.

Eine verdächtige Person war von einer Schülerin gemeldet worden, bestätigte Staatsanwalt Patrick Penders am Montag. Die Schülerin sei aber keine Abiturientin gewesen. Da wegen des Alarms Abiturklausuren abgebrochen wurden, gab es auch die Theorie, dass wegen dieser Klausuren ein Fehlalarm ausgelöst worden sein könnte.

Ermittler „haben
bisher nur ein diffuses Bild“

Die verdächtige Person soll auf dem Schulgelände gewesen sein, aber nicht im Gebäude, möglicherweise mit einem Messer bewaffnet. Die Polizei hat die Schülerin und weitere Zeugen vernommen. „Wir können bisher weder sagen, dass es diese verdächtige Person gegeben hat, noch dass es sie nicht gegeben hat“, erklärt Penders. Es sei noch nicht klar, was die Jugendlichen jeweils selbst gesehen oder doch nur von anderen gehört haben. „Es ist alles noch offen, wir haben bisher nur ein diffuses Bild.“

Schulleiterin Hildegard Harwix sagte am Montag: „Natürlich sind wir alle geschockt.“ Zwar hätten sie nach dem Vorfall am Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium im Februar, bei dem ein 17-jähriger Schüler andere Schüler mit einem Messer angegriffen hat, ihre Sicherheitsmaßnahmen noch mal geschärft. „Aber man rechnet nicht damit“.

Über das Wochenende hätten Schüler und Lehrer Zeit gehabt, mit ihren Familien über das Geschehen zu sprechen. Am Montag habe sich in den ersten beiden Stunden zunächst das Kollegium getroffen, um sich auszutauschen und das weitere Vorgehen zu besprechen, in der dritten und vierten Stunde konnten Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Klassen und den Lerngruppen sprechen, mit denen sie am Freitag in den Klassenräumen ausgeharrt haben.

„Es hat uns allen gutgetan, uns auszutauschen, zu erzählen, wie es war“, sagt Hildegard Harwix. Das Geschehen sei ganz unterschiedlich aufgenommen worden. Aber Lehrkräfte und Schüler hätten auch zurückgemeldet, dass sie sich schließlich sicher gefühlt haben, „dass eine Bedrohung ernst genommen wurde und alle so agiert haben, dass alle sicher waren.“ Das habe das Vertrauen gestärkt.

Das hätten auch die 22 Abiturienten signalisiert, die am Freitag Klausuren schreiben sollten. Für sie fand ein Schüler-Café statt, bei dem sie speziell über ihr Erleben sprechen konnten. „Sie haben es schon als Belastung empfunden, gerade im Flow zu sein und dann abzubrechen“, sagt Hildegard Harwix. Aber sie hätten sich dann auch sicher gefühlt.

Schulpsychologen begleiteten sie, seien jederzeit auch einzeln ansprechbar. Es gebe auch Schüler und Lehrer, die das in Anspruch nehmen. Am Montag fand ab der fünften Stunde Unterricht laut Stundenplan statt. „Aber so, wie für die Situation angemessen“, betonte die Schulleiterin. Das heißt, die Lehrkräfte seien auf Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen eingegangen, der Unterricht habe zum Teil draußen stattgefunden und es habe Spaziergänge gegeben. Auch am heutigen Dienstag soll es mit Unterricht in diesem angepassten Modus weitergehen. Am Mittwoch ist ohnehin ein pädagogischer Tag für die Lehrer geplant, an dem die Schüler frei haben. Am Donnerstag folgen die nächsten Abiturklausuren. Sie werden explizit nicht in demselben Raum geschrieben wie am Freitag.

Sehr mitgenommen hätten einige Schüler und Lehrer die Geräusche der Polizisten, die an Türen rüttelten und prüften, ob sie abgeschlossen sind, die einander Kommandos zuriefen: „Das hat einige Schüler beunruhigt, aber das konnten wir auflösen“, berichtete die Schulleiterin. Das ist möglicherweise auch der Hintergrund eines Videos, das im Internet kursiert. Der unscharfe Film könnte in einem Klassenraum während der Polizeimaßnahmen aufgenommen worden sein. Zu sehen sind gestapelte Tische, zu hören ist, wie jemand wohl hinter der Tür laut „Polizei!“ ruft. Eine schemenhafte Figur steht innen vor der Tür und verlangt ein Codewort, das nicht kommt. Im zugehörigen Text heißt es: „Bei dem Amokalarm ... haben sich Täter als Polizisten ausgegeben. Sie versuchten, die Schüler ... herauszulocken. ... Glücklicherweise traf die richtige Polizei fünf Minuten später ein.“ Staatsanwalt Patrick Penders erklärt, dass möglicherweise Polizisten das Codewort zum ersten Zeitpunkt nicht wussten. Er widerspricht auch weitergehenden Gerüchten, wonach die Polizei eine Person im Gebäude gestellt und festgenommen hat: „Es wurde keine verdächtige Person angetroffen, es gab keine Festnahme.“